Pressestimmen

Grünen-Spitze für Merkels Atomausstieg "Kein ungeschicktes Kalkül"

Die Grünen wollen dem schwarz-gelben Konzept zum Atomausstieg und damit der Atomgesetz-Novelle zustimmen.

Die Grünen wollen dem schwarz-gelben Konzept zum Atomausstieg und damit der Atomgesetz-Novelle zustimmen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kanzlerin Angela Merkel kann bei ihrer radikalen Atomwende neben der Unterstützung von SPD und Bundesländern auch mit der Rückendeckung der Grünen rechnen: Die Grünen-Spitze will Merkels stufenweise AKW-Abschaltung mittragen, muss aber noch die teils wütende Basis überzeugen. Das Erreichen eines ihrer Gründungsziele ist ein bitterer Triumph für die Ökopartei, meint n-tv.de - stellt sich doch die Frage: Bleiben die Grünen damit noch Teil der Anti-AKW-Bewegung oder verabschieden sie sich ohne Rücksicht auf alte Verbündete in Richtung neuer Mehrheiten? Die Kommentatoren der deutschen Zeitungen scheinen jedenfalls überzeugt: Hinter der umstrittenen Atomfrage steckt neben einem Richtungskampf der Ökopartei auch taktisches Kalkül.

Die Ludwigsburger Kreiszeitung vermutet hinter dem Ja der Grünen-Spitze  zum schwarz-gelben Atomausstieg eine Strategie: "Unter dem Absingen schmutzigster Lieder gegen die Bundesregierung soll die grüne Basis dem schwarz-gelben Atomausstieg zustimmen. Das ist der Tenor des Leitantrages für den Sonderparteitag, auf den sich die grüne Führung nach zähem Ringen verständigt hat. Kein ungeschicktes Kalkül. Längst gehören zur grünen Klientel nicht mehr nur militante Anti-AKW-Kämpfer, die sämtliche Meiler am liebsten schon vorgestern abgeschaltet hätten. Mit einem Zuspruch oberhalb der 20-Prozent-Marke ist die Partei tief in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dort würden es viele nicht verstehen, wenn die Grünen zu diesem Vorhaben 'Nein' sagen".

Der Kölner Stadt-Anzeiger kommentiert das Einschwenken der Grünen auf Merkels Atomausstiegskurs folgendermaßen: "Sie haben geprüft. Sie haben verhandelt. Sicher, das Resultat ist nicht 'Grün pur'. Aber wann je in der Geschichte der Republik hätte eine Oppositionspartei so viel von ihren Vorstellungen durchgesetzt? Gegen die Katastrophe von Fukushima konnten Union und FDP nicht an regieren. Konfliktstoff bleibt für die Grünen genug, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht. Und den Bau neuer Stromleitungen. Den Grünen stehen harte Auseinandersetzungen bevor. Dass sie bereit sind, sich ihnen zu stellen, beweist, wie weit sie sich von der 'Dagegen-Partei' weg entwickelt haben".

Die Hessische/Niedersächsische Allgemeine aus Kassel erkennt in dem Ja der Öko-Partei zu Merkels Energiewende die Möglichkeit neuer Machtbündnisse: "Die sich anbahnende Zustimmung der Grünen zum energiepolitischen Kurs der Kanzlerin wird die Annäherung schon bald im Bundestag für jedermann sichtbar machen. Es zeigt sich, dass die Katastrophe von Fukushima nicht nur die Energiepolitik des Industriestandortes Deutschland beeinflusst, sondern auch dessen politische Landschaft verändert. Die Gralshüter der Anti-AKW-Bewegung mögen den Grünen Verrat an der reinen Lehre vorwerfen und Wirtschaftslobbyisten mögen Sturm laufen gegen den Kurswechsel der Union - es bleibt beim politischen Lehrsatz: Wenn eine Koalition Probleme nicht lösen kann, brauchen die Probleme andere Koalitionen. Und da die Energiepolitik unsere Zukunft maßgeblich bestimmen wird, muss nun auch mit Schwarz-Grün gerechnet werden".

"Die Anstrengung lohnt sich", schreiben die Kieler Nachrichten. Die Tageszeitung aus Norddeutschland gibt sich optimistisch: "Es besteht die Chance, einen historisch einmaligen Konsens herzustellen und einen jahrzehntealten Großkonflikt zu befrieden. Nicht einmal das komplizierte föderale System scheint diesmal seine beachtlichen Bremskräfte zu entfalten. Es hat sich eingebürgert, über die 'German Angst' zu spotten. Die breite Unterstützung für den Umstieg beweist, dass die Deutschen den Mut und Optimismus haben, große Projekte anzupacken. Gelingt das Manöver, kann es Schule machen".

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke

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