Spitzentreffen der Koalition "Klarer Neuanfang ist nötig"
07.01.2010, 20:44 UhrDie schwarz-gelbe Koalition will ihren wochenlangen Krach mit einem Spitzengespräch im Kanzleramt bereinigen und neu durchstarten. Bei dem Sechs-Augen-Gespräch am 17. Januar wollen die drei Parteivorsitzenden - Bundeskanzlerin Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle - vor allem im Streit über Steuersenkungen und die Rolle von Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach die Wogen glätten.

Die Parteichefs von CDU, CSU und FDP wollen sich wenige Tage vor der regulären schwarz-gelben Koalitionsrunde zu einem Sechs-Augen-Gespräch treffen.
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Für die Rhein-Neckar-Zeitung ist klar: "Wenn man sich die schwarz-gelbe Koalition als Computer vorstellen müsste, dann wäre in der Tat ein Reset angezeigt". Und das wolle "wohl auch die Ankündigung eines Spitzentreffens der Parteichefs suggerieren. Nach dem Fehlstart der Neustart. Aber dann", so das Heidelberger Blatt weiter, "käme der Wartungsfachmann wohl auch schnell zum Befund, dass die Programme der drei Koalitionspartner auf dem gemeinsamen Betriebssystem gar nicht laufen können. Das hätte die Physikerin Merkel eigentlich schon merken müssen, als sie den Koalitionsvertrag zu dem werden ließ, was er ist: ein Ding der politischen Unmöglichkeit."
Nach dem Stuttgarter Dreikönigstreffen der FDP und der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth analysiert auch der Berliner Tagesspiegel die Lage der Koalition: "Die wichtigste Schlussfolgerung aus der Neujahrsbrüllerei von Dreikönig und Wildbad Kreuth lautet: Die geistig-politische Wende wird stattfinden. Es geht aber nicht um jene Wende von der FDP-Chef Guido Westerwelle spricht - Abkehr vom bundesrepublikanischen Sozialstaatssystem, neues Verständnis von Staat und Privat. Nein, es geht darum, wie man vom Steuersenkungsversprechen wieder herunterkommt. Das verlangt ja auch Geist! Jeder in der Koalition weiß, dass angesichts der Finanzlage keine Alternative zum Rückzug bleibt." Dennoch sei der Versuch der FDP, der Koalition über die aktuelle Steuerdebatte hinaus ein geistiges Fundament zu geben, "lehrreich". Er mache deutlich, "dass CDU und FDP, besser noch Merkel und Westerwelle, ein sich ausschließendes Verständnis von Politik haben."
Die Hessische/Niedersächsische Allgemeine ist gespannt "auf die Rethorik, mit der die Regierung ihr peinliches Zurückrudern als planvolle Politik verkaufen wird. Pakt der Vernunft? Bündnis der Realität? Freiheit durch Einsicht?" Der Gesichtsverlust von Merkel, Westerwelle, Seehofer und Co. sei jedenfalls enorm. "Die scharfe Expertenkritik des DIW ist berechtigt. Wenn es aber stimmt, dass Westerwelle und Co. die Staatsschulden ungehemmt in die Höhe treiben, weil dadurch die Wirkung der schon vereinbarten Schuldenbremse geschwächt wird und man noch länger auf Kosten der Zukunft Politik inszenieren kann, dann ist dies nur noch mit einem Wort zu kennzeichnen: unseriös. Ein klarer Neuanfang ist nötig", fordert das Kasseler Blatt. "Und er ist möglich. Dass zumindest Angela Merkel es besser kann, hat sie bereits gezeigt."
Die Zeit hingegen betrachtet betrachtet das Handeln Angela Merkels mit Argwohn: "Mag das amerikanische Time-Magazin der Kanzlerin Kränze flechten ("Frau Europa"), daheim wird Angela Merkel von ihrer eigenen Taktik eingeholt". Die Hamburger Wochenzeitung untermauert ihre Ansicht und schreibt: "Im Wahlkampf hat sie bewusst darauf verzichtet, ihre Politik zu definieren. In den Koalitionsverhandlungen hat sie es versäumt, Prioritäten festzulegen". Nur so sei es FDP und CSU gelungen, sich mit dem unhaltbaren Versprechen durchsetzen, die Steuern zu senken: "Ausgerechnet ein Vorhaben, dem Merkel selbst misstraut, entscheidet über Wohl oder Wehe dieser Regierung."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf