Pressestimmen

"Soli" vor Verfassungsgericht "Längst eine Zusatzsteuer"

Der seit fast 20 Jahren erhobene Solidaritätszuschlag kommt in Karlsruhe auf den Prüfstand. Das Bundesverfassungsgericht soll auf Wunsch des niedersächsischen Finanzgerichts prüfen, ob der für den "Aufbau Ost" eingeführte "Soli" verfassungswidrig ist.

Der Zuschlag spülte bisher gut 185 Milliarden Euro in die Staatskassen.

Der Zuschlag spülte bisher gut 185 Milliarden Euro in die Staatskassen.

(Foto: dpa-Zentralbild)

"Die Finanzrichterin in Hannover hat nur ausgesprochen, wovon bei Einführung des Soli jeder ausgegangen war: Die Abgabe sollte vorübergehend sein, um den Aufbau Ost gerechter zu finanzieren" schreibt das Obermaintagblatt aus Lichtenfels. Doch daraus, so heißt es weiter, sei längst eine Zusatzsteuer geworden, die gar nicht in den Osten, sondern in den allgemeinen Haushalt fließe. "Eine versteckte Steuererhöhung, an der der klamme Staat nun hängt wie der Junkie an der Nadel". Auch wenn ein Entzug "schmerzhaft" sei, schließt das Blatt ab, so sei er doch "unerlässlich".

"Würde die neue Bundesregierung ihr Ansinnen wirklich ernst nehmen, Bürger und Wirtschaft steuerlich zu entlasten, dann müsste die Abschaffung des Zuschlags ganz oben auf die Tagesordnung" konstatiert das Handelsblatt. "Da die Einnahmen allein dem Bund zustehen, könnte die Regierung - wenn sie denn wollte - den Soli im Eiltempo abschaffen oder zumindest kürzen". Schließlich, so ist in dem Düsseldorfer Blatt weiter zu lesen, "würden diejenigen am stärksten entlastet, die bislang schon am meisten Steuern zahlen mussten. Also: weg mit dem Soli!"

Die Lübecker Nachrichten erinnern: "Finanzexperten fordern schon lange, den Zuschlag in die reguläre Einkommenssteuer zu integrieren. Dann schwände der irreführende Name und die ebenso irreführende Debatte um seine Abschaffung". Dass der Staatshaushalt auf die durch den Solidaritätszuschlag eingenommenen rund 12 Milliarden Euro pro Jahr vor allem in Krisenzeiten nicht verzichten könne, stehe außer Frage. "Dass aber Verfassungsrichter nicht nach Kassenlage des Staates ihre Urteile fällen, weiß man spätestens, seit sie die Kürzung der Pendlerpauschale kassierten übrigens auf Vorlage desselben niedersächsischen Finanzgerichts. Wäre man Finanzminister, könnten einen jetzt Alpträume plagen."

Die Konsequenz für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht der ersten Instanz folgen und den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig erklären sollte, ist für die Frankfurter Rundschau klar: "Das Aus für den Soli wäre das Aus für alle schwarz-gelben Steuersenkungspläne und das Aus für eine grundlegende Steuerreform". Gleichwohl sei es noch nicht so weit. Der Soli habe bisher einiges überstanden: juristische Anfechtungen ebenso wie politische Attacken. "Dennoch muss eine seriöse Finanzpolitik die Gefahr einkalkulieren, dass eine weitere Last in zweistelliger Milliardenhöhe hinzukommt. Bis Karlsruhe entschieden hat, verbieten sich daher alle Arbeiten an weiteren Entlastungen.

Wer indes auf eine Entlastung seines Geldbeutels durch das Hannoversche Urteil spekuliere, so der Nordkurier aus Neubrandenburg, dürfte sich "getäuscht sehen. Selbst wenn der Soli gekippt werden würde, lässt die Schuldensituation der öffentlichen Haushalte eigentlich keinen Verzicht auf diese Einnahmen zu". Notfalls müsse die Bundesregierung dann "durch das höchste deutsche Gericht gezwungen werden, die Sonderabgabe in die normale Steuerbelastung der Bürger einzubeziehen. Damit würde der Solidaritätszuschlag zumindest als Ausrede wegfallen".

Zusammengestellt von Susanne Niedorf

Quelle: ntv.de

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