Gauck fordert entschiedenere Außenpolitik "Mitmachen heißt die neue Devise"
31.01.2014, 19:51 Uhr
Wegducken und Heraushalten sollen der Vergangenheit angehören: "Früher, entschiedener und substanzieller" müsse sich Deutschland bei der Lösung internationaler Konflikte einbringen, fordert der Bundespräsident auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Rede von Joachim Gauck erntet bei den Tageszeitungen viel Lob. Aber es melden sich auch kritische Stimmen zu Wort.
Mit dieser Rede "könnte Bundespräsident Gauck tatsächlich das autoritative Wort zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik gesprochen haben", schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Gauck habe einen Leitfaden entwickelt, der "dem operativen Geschäft eine Richtschnur für Deutschlands Rolle in der Welt sein kann". Und den fasst die Zeitung wie folgt zusammenfassen: "Weil Deutschland als erfolgreiche Demokratie - ein Menschenleben nach dem Kriegsende und ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung - sich selbst vertrauen kann, sollte es sich auch in der Welt mehr zutrauen."
Die Zeiten, in denen Deutschland sich wegduckte und sich aus allem heraushielt, seien vorbei, kommentiert auch der General-Anzeiger. "Mitmachen heißt die neue Devise." Und das bedeute auch: "sich einmischen, mitbestimmen wollen, dem Primat der Politik vor dem Militärischen zum Durchbruch verhelfen. Zurückhaltung in dem Sinne, dass man nur das ausführt, was andere entscheiden, kann die Devise nicht sein." Laut der Bonner Zeitung hat der Bundespräsident das detailliert und überzeugend begründet.
Der Meinung ist auch der Tagesspiegel aus Berlin: Die Rede von Gauck "war erfrischend unverblümt, präzise und nüchtern. Es war Gaucks beste Rede bislang. Er scheute sich nicht, Interessen und Gefahren klar zu definieren". Der Bundespräsident habe einen ganz neuen Ton angeschlagen, er "hat Floskeln entlarvt und Ausreden demaskiert. Vielleicht ist Deutschland durch ihn erwachsener geworden, ausgebrochen aus dem Zustand selbst verschuldeter ewiger Pubertät."
Gauck möchte sich klar zu einem internationalen Engagement bekennen, "das dem ökonomischen und politischen Gewicht Deutschlands entspricht". Mit "neoimperialer Kraftmeierei" habe das nichts zu tun, schreibt dann auch die Stuttgarter Zeitung. Aber es werde noch über die finanziellen und militärischen Mittel zu reden sein. Außerdem müsse Gauck eines wissen: "Die Mehrheit der Bürger steht in dieser Angelegenheit nicht auf seiner Seite. Sie muss erst überzeugt werden."
Das kann die Westdeutsche Zeitung aus Düsseldorf nur unterstreichen. Es sei fraglich, "ob sich die Deutschen selbst mit der neuen Rolle als politisch-militärischer Akteur anfreunden können. Umfragen stimmen skeptisch. Wenn die deutsche Politik international aktiver werden will, geht das nicht ohne einen Informations- und Überzeugungsprozess in Deutschland. Denn ohne Rückhalt in der Bevölkerung bleibt Berlin trotz aller guten Absichten ein unsicherer Kantonist."
Auch das Main-Echo aus Aschaffenburg findet kritische Worte: "Der Schulterschluss mit den Bündnispartnern dürfte diesen wie Öl runtergegangen sein. Und legt den kommenden Generationen einen Ballast auf die Schultern, den diese weder stemmen wollen, noch können. Gauck hat den Kriegstreibern das Wort geredet. Denn die Wahrheit ist, dass destabilisierte Länder gut fürs Geschäft sind. Davon leben viele, die auf dieser Sicherheitskonferenz zugegen sind. Und dafür sollen deutsche Soldaten in den Krieg ziehen - für nichts anderes."
Zusammengestellt von Katja Sembritzki
Quelle: ntv.de