Pressestimmen

Urteil zur FDP-Spendenaffäre "Moderat geahndet"

Sechseinhalb Jahre nach dem Tod von Jürgen Möllemann werden die juristischen Folgen der heikelsten Spendenaffäre der Liberalen weiter die Gerichte beschäftigen. Das Berliner Verwaltungsgericht bestätigte in vollem Umfang die Sanktion der Bundestagsverwaltung in Höhe von 3,5 Millionen Euro gegen die FDP. Die Presse zeigt für das Vorhaben der Partei-Spitze, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen, wenig Verständnis.

Politisch am schlimmsten sei, "wie der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle damals Möllemann gewähren ließ", schreibt der Mannheimer Morgen.

Politisch am schlimmsten sei, "wie der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle damals Möllemann gewähren ließ", schreibt der Mannheimer Morgen.

(Foto: AP)

Die Süddeutsche Zeitung empfindet die Strafe, die die FDP wegen verschleierter Parteispenden und falscher Rechenschaftsberichte bezahlen soll, als "milde": "Millionenstrafe - das hört sich fast so an, als müsste man Mitleid haben mit der FDP. Muss man aber nicht. Vielleicht, so mutmaßt das Münchener Blatt, "hat bei dieser Milde insgeheim eine Rolle gespielt, dass der Übeltäter, Jürgen Möllemann, 2003 in den Tod gesprungen ist. Ein paar Millionen machen eine reiche Partei weder arm noch handlungsunfähig. Es wird moderat geahndet, was geahndet werden muss: Jahrelang wurden FDP-Wahlkämpfe mit Möllemanns dubiosen Geldern finanziert".

Auch die Hessische/Niedersächsische Allgemeine lässt kein Mitgefühl mit der FDP erkennen: "Fast rührend mutet die Bitte der Liberalen um Milde an: Wir haben doch mitaufgeklärt, nachdem wir ertappt wurden - warum soll uns nun die volle Strafe treffen? Die Antwort des Gerichts ist wünschenswert deutlich: Weil ihr sie verdient habt. Weil die Gesetzeslage eindeutig ist", kommentiert die Zeitung aus Kassel das Urteil des Berliner Verwaltunsggerichts. Nicht vergessen werden sollte allerdings auch, gegen wen die FDP in diesem Rechtsstreit unterlag - zumindest bis jetzt: "Es ist der deutsche Bundestag, Repräsentant des deutschen Volkes. Niemand anders als dieses Volk wurde seinerzeit von der Partei hintergangen. Noch ist das Berliner Urteil nicht rechtskräftig. Doch die FDP täte gut daran, es zu akzeptieren. Recht muss Recht bleiben".

Indem sie den Richterspruch begrüßt, reiht sich auch die Stuttgarter Zeitung in den Kanon ein. Denn, so heißt es in der Begründung: "Die kriminelle Energie, mit welcher der frühere Bundesminister (Möllemann) zu Werke ging, war beträchtlich". Der Bundes-FDP sei aber immerhin anzurechnen, dass sie die Aufklärung der Spendenpraxis vorantrieb. "Das kann der Einheitskanzler und zeitweilige CDU- Ehrenvorsitzende Kohl nicht von sich behaupten und ihm blieb eine Verurteilung erspart. Der FDP jedoch bleibt von der Millionenstrafe nichts erspart. Nachsicht wäre auch fehl am Platze."

"Das Berliner Gericht hat Recht vor Gnade walten lassen, keinen Rabatt für tätige Reue gewährt - und dies darf man getrost als hart empfinden" kommentiert die Kölnische Rundschau das Urteil zur FDP-Parteispendenaffäre - in Anbetracht des Umstandes, dass "die Liberalen, die sich von ihrem einstigen Frontmann hintergangen fühlten und später nach bestem Wissen und Gewissen an der Aufklärung mitwirkten".  Das Blatt erinnert: "In anderen, bis heute unaufgeklärten Fällen - man denke an Helmut Kohl oder Karl-Heinz Schreiber - fiel die Parteistrafe auch nicht schwerer aus".

Bei allem Skandal, um die illegalen Millionen-Spenden, die der frühere NRW-Landeschef einstrich, so der Mannheimer Morgen, bleibe politisch am schlimmsten, "wie der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle damals Möllemann gewähren ließ". Das Blatt ist sich sicher: "Als stolzer Vizekanzler und Außenminister will Westerwelle bei seinen nächsten Israel-Reisen daran bestimmt nicht mehr erinnert werden". Also sollten die Liberalen die vom Bundestagspräsidenten verhängte Strafe endlich bezahlen. Diese sei "zwar happig, aber erstens im vertretbaren Rahmen - und zweitens eine vergleichsweise günstige Möglichkeit, ein so ekelhaftes Kapitel zu beenden".

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf

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