Pressestimmen

EU billigt Swift-Abkommen "Mühlenstein statt Meilenstein"

Das Swift-Abkommen steht. US-Behörden dürfen im Kampf gegen den Terrorismus in privaten Geldtransfers nach verdächtigen Überweisungen suchen. Was dabei auf der Strecke bleibe, ist der Datenschutz. Die Presse rügt das EU-Parlament: Zu schwach sei das Veto gewesen.

Europa wird künftig riesige Datenpakete an die USA liefern.

Europa wird künftig riesige Datenpakete an die USA liefern.

(Foto: dpa)

"Es ist ja richtig, dass größtmögliche Sicherheit auch weitgehende Überwachung bedeutet. Und natürlich würden wir im Fall eines Terroraktes lautstark nach dem suchen, der es im Vorfeld unterlassen hat, jedes noch so kleine Risiko auszuschließen. Fahnder müssen auch die Geldzahlungen an Terroristen aufdecken", räumen Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung ein, ergänzt jedoch ein großes Aber: "Das Problem dieses Abkommens besteht darin, dass es zu ungenau ist und zu viele Unbeteiligte dem Verdacht aussetzt, Mittäter zu sein. Und dass man dem normalen³ Bürger Rechte verwehrt, die in jeder Demokratie selbstverständlich sind."

"Das Abkommen steht. Die Datenschnüffler dürfen wieder in privaten Überweisungen nach verdächtigen Geldströmen suchen." Für den Mannheimer Morgen ist der Preis jedoch hoch. "Europas Unterhändler haben sich von den USA unnötig unter Druck setzen lassen, und sie sind dabei ein hohes Risiko eingegangen. Kaum jemand rechnet ernsthaft damit, dass die Vereinbarung eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht überleben könnte. Dass die Anfrage von US-Polizisten von europäischen Polizeibeamten gesichtet wird, hat wenig bis nichts mit unabhängiger Kontrolle zu tun."

Zwar seien "kleine Verbesserungen" beim Datenschutz erreicht worden, jedoch bleibt für die Stuttgarter Zeitung das Kernproblem bestehen: "Europa liefert riesige Datenpakete, die Informationen über unverdächtige Bürger enthalten. Die US-Geheimdienste dürfen diese Daten fünf Jahre lang speichern. Da hilft es wenig, wenn bei der offiziellen Auswertung nun ein EU-Beamter mit am Tisch sitzt. Wenn die Amerikaner die Daten tatsächlich für verbotene Zwecke nutzen wollten, dann können sie dies auch."

Auch die Märkische Oderzeitung sieht weiterhin ein Grundsatzproblem, nämlich das, "dass Washington im Rahmen eines präventiven Anti-Terrorkampfs weiter Bankdaten von Millionen Europäern übermittelt bekommt. Neuerungen wie ein Auskunfts- oder Beschwerderecht über die Datennutzung können daran nichts ändern." Das Blatt erhofft sich jedoch "echte Verbesserungen" durch ein eigenes EU-System, das zukünftig verdächtige Finanzströme verfolgen und Swift ablösen soll.

Für das Badische Tagblatt ist es unverständlich, warum die EU den US-Wünschen so schnell nachgibt, "nur weil diese der Terrorabwehr alle Bürgerrechte unterordnen". Schließlich hätte EU-Justizkommissarin Viviane Reding erst kürzlich geäußert, dass die USA und Europa im Datenschutz verschiedene Ansätze verfolgten. "Wenn schon europäische Regierungen und EU-Kommission dem Konflikt mit den USA lieber ausweichen und ihr Misstrauen hintanstellen, so hätte wenigstens das Veto des Parlaments deutlicher, lauter und vor allem länger anhaltend sein müssen", zeigt sich das Blatt aus Baden-Baden enttäuscht. "Erst die Muskeln spielen und sich dafür feiern zu lassen, um dann still und leichtfertig einzuknicken, ist kein Meilenstein. Eher schon ein Mühlenstein für die europäische Bürgerrechtsgeschichte."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig

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