Pressestimmen

Snowden will nach Deutschland "Nicht als Verräter, sondern als Held"

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Ströbele hat den Whistleblower und Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden an einem geheimen Ort in Moskau getroffen.

Ströbele hat den Whistleblower und Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden an einem geheimen Ort in Moskau getroffen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit dem Treffen zwischen Ströbele und Snowden sind die Karten im deutsch-amerikanischen Streit um die Spionagepraktiken der NSA neu gemischt. Offenbar ist Snowden bereit, vor einem Untersuchungsausschuss auszusagen. Auch einen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik zieht er in Betracht. Doch ist ein Asyl des Whistleblowers in der Bundesrepublik vorstellbar?Die deutsche Presse ist sich uneins.

"Ströbeles Alleingang (hat) immerhin für ein bisschen hoffnungsvolle Bewegung gesorgt", lobt die Berliner Morgenpost den Politiker der Grünen. Snowdens Motivation scheine vor allem von einem Wunsch getrieben: "Er sucht (…) ein neues Asyl, wenn im Sommer 2014 das in Russland endet." Diese dürfe Deutschland ihm nicht gewähren. Denn die Lösung des Problems liege "in doppelter Hinsicht" in den USA: "Washington muss endlich mit der ganzen NSA-Wahrheit rausrücken und einen Weg der Nachsicht mit Snowden finden."

Auch die Frankfurter Rundschau findet lobende Worte für den Einsatz Ströbeles: "Ein 74-jähriger Alt-Linker lässt mit einem simplen Flug nach Russland die ewig zaudernde Kanzlerin ziemlich alt aussehen." Einer Einreise Snowdens in die Bundesrepublik gegenüber zeigt sich das Blatt allerdings skeptisch: "Es stünde Europa, es stünde Deutschland nicht schlecht zu Gesicht, einem solchen Mann Unterschlupf zu gewähren. Sollte Edward Snowden also Asyl in Deutschland erhalten? Die vielleicht etwas überraschende Antwort auf diese Frage muss dennoch lauten: Nein!" Das "ohnehin schon arg strapazierte Verhältnis der Bundesrepublik zur verunsicherten Supermacht USA" spreche eindeutig gegen die Aufnahme des Ex-Geheimdienstmitarbeiters. Für die Vereinigten Staaten sei es eine Blamage, so die Zeitung weiter, dass sich der "US-Staatsbürger Snowden in Russland verkriechen oder in Europa um Asyl betteln muss". Es sei an der Zeit, dass Snowden in die USA zurückkehren dürfe und zwar: "Nicht als Verräter, sondern als Held."

Die Mitteldeutsche Zeitung stößt in dasselbe Horn und sieht die Bundeskanzlerin in der Verantwortung "die USA an ihre Tradition als Bürgerrechts-Nation" zu erinnern. Es gelte deutlich zu machen, "dass Edward Snowden kein Verräter ist, der aus niederen Motiven die nationale Sicherheit der USA gefährdet hat. Sondern jemand, der im ureigenen amerikanischen Interesse gehandelt hat, als er erkannte, dass der rasante technologische Fortschritt in den Geheimdiensten längst allen demokratischen Kontrollmöglichkeiten enteilt ist".

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung stellt angesichts Snowdens Wunsch in die Bundesrepublik zu reisen, die rhetorische Frage:  "was wichtiger sei, die Straffreiheit Edward Snowdens oder der endgültige Ruin der deutsch-amerikanischen Beziehungen?". Die Antwort, so die FAZ abschließend, fiele nur demjenigen schwer, "den seine Heldenverehrung blind macht für das Abwägen von Interessen".

"So viel ist klar: Die Kanzlerin riskiert einen massiven Konflikt mit Washington, sollte Snowden nach Deutschland einreisen und aussagen.", kommentieren auch die Westfälischen Nachrichten und bezeichnen ein Asyl für Snowden in Deutschland als Utopie. Eines habe Ströbele dennoch erreicht: "Die Amerikaner werden sich nicht durch diplomatisches Dauergrinsen aus der Affäre ziehen können. Deutschland hat jetzt einen Trumpf in der Hand, um Bürgerrechte und Interessen der Wirtschaft besser zu schützen. Merkel sollte das zu nutzen wissen."

Ströbele habe "seinem Land (…) einen Dienst erwiesen.", meint die Welt und begründet: "Denn die Bundesregierung und das deutsche Parlament sollten nicht nur ahnen, sondern wissen, welchen Lauschangriffen und Spionageaktionen sie ausgesetzt sind." Die Enthüllungen um die Maßnahmen der NSA stünden erst noch am Anfang. Eine Aufnahme Snowdens befürwortet die Zeitung: "Würde die Bundesregierung Edward Snowden freies Geleit, ein Aufenthaltsrecht und Schutz in Deutschland zusichern, wäre er zwar noch nicht wieder zu Hause. Aber er wäre wieder im Westen - und nicht mehr auf den russischen Geheimdienst angewiesen, der mit eigenen Whistleblowern völlig anders umzugehen pflegt."

Auch die Süddeutsche Zeitung spricht sich für ein Aufenthaltsrecht des Ex-Geheimdienstmitarbeiters in Deutschland aus: "Man soll, man muss Edward Snowden einen stabilen Aufenthaltstitel für Deutschland geben. Man soll, man muss Edward Snowden freies Geleit gewähren. Das alles ist rechtlich möglich. Snowden braucht Schutz vor einer Auslieferung in die USA." Die Bundesrepublik solle ihm diesen Schutz im eigenen Interesse "versprechen und gewähren", denn "Deutschland braucht Aufklärung über die umfassenden Lauschangriffe der USA. Diese Aufklärung ist nur mit der Hilfe von Snowden möglich."

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg

Quelle: ntv.de

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