Pressestimmen

Bouffier ist Ministerpräsident Nicht auf Krawall gebürstet

CDU und FDP haben Volker Bouffier zum neuen hessischen Ministerpräsidenten gewählt - einstimmig. Alles andere hätte den neuen Mann an der Spitze Hessens schon zu Beginn beschädigt. Der setzt dann auch gleich ein Zeichen: Er schlägt moderatere Töne an als sein scharfzüngiger Vorgänger.

Bouffier hält nach seiner Wahl seine erste Rede als Ministerpräsident Hessens.

Bouffier hält nach seiner Wahl seine erste Rede als Ministerpräsident Hessens.

(Foto: dpa)

"Die Abgeordneten der schwarz-gelben Regierungskoalition in Hessen trauen dem neuen Ministerpräsidenten allem Anschein nach mehr, als sie es zuletzt bei der Wahl des bisherigen Amtsinhabers getan haben." Als Beweis führt die Frankfurter Allgemeine Zeitung an, dass Bouffier mit 66 Stimmen die gesamte Mannschaft aus CDU und FDP hinter sich versammeln konnte, während Koch im vergangenen Jahr nur von 62 Abgeordneten gewählt wurde. Das Blatt rätselt über die Gründe: "Ist die persönliche Begeisterung für den Neuen größer als sie damals für den Altgedienten war? Oder vermag der langjährige Thronanwärter lediglich härter die Koalitionsdisziplin einzufordern als sein Vorgänger?"

Der Wiesbadener Kurier hat eine Antwort auf die Fragen: Die Abgeordneten im hessischen Landtag hätten den Ernst der Lage erkannt, denn "mit einem anderen Votum als einem einstimmigen wäre der neue Ministerpräsident Volker Bouffier vom Start weg beschädigt gewesen. Beschädigt sowohl innerhalb als auch außerhalb Hessens. Viel wird darüber spekuliert in diesen Tagen, ob der als Fachmann anerkannte langjährige Minister wirklich das Zeug hat, dem politischen Ausnahmetalent Roland Koch als Regierungschef nachzufolgen. Hätte er nicht alle Stimmen aus den Reihen der ihn stützenden Fraktionen bekommen, hätte das Getuschel um Bouffier weitere Nahrung bekommen."

"Gegenüber der Opposition möchte Bouffier Töne anschlagen, die nicht auf Polarisierung und Krawall sondern auf konstruktive Kritik und Zusammenarbeit ausgerichtet sind. Gleich nach der Wahl zum Ministerpräsidenten war dieses Angebot die zentrale Botschaft in Bouffiers kurzer Rede vor dem Parlament." Auch dieses Interesse Bouffiers an weniger Konfrontation ist laut Wetzlarer Neuen Zeitung letztendlich darin begründet, "dass künftige Landtagswahlen in Hessen keine sichere Bank für schwarz-gelbe Mehrheiten sind. Wahrscheinlicher ist, dass die CDU auch für andere Koalitionen offen sein muss, wenn sie eine gestaltende Kraft im Lande bleiben will."

"Wie schnell der CDU ihre Ministerpräsidenten abhandenkommen, ist geradezu schwindelerregend. Was nach herbem Verlust klingt, kann aber auch Gewinn sein", findet die Neue Osnabrücker Zeitung. "So sind viele der früheren Regierungschefs zwar prominent. Aber nicht jeder war ein echter Star oder wäre es noch lange geblieben. Nun stellen sich neue Kräfte ans Ruder. In einigen Jahren dürfte sich das auszahlen. Auch die Kanzlerin wird es noch spüren. Zwar gingen mit den alten Recken auch selbstbewusste Rivalen. Sobald der Nachwuchs aber seine Netze gesponnen hat, dürfte sich zeigen, dass Merkel außen vor ist. Eine Weile noch wird sie sich sicherlich halten an der Spitze ­ das aber zunehmend alleine und einsam."

Der Reutlinger General-Anzeiger blickt auf den Abgang einer der Merkel-Rivalen zurück. Mit Roland Koch trete "eine der wirkungsmächtigsten konservativen Profi-Politiker des zurückliegenden Jahrzehnts ab. Er habe sein Amt 'unglaublich genossen', sagte Koch zum Abschied. Das stimmt wohl nicht ganz: Sein Rückzug hängt wohl auch damit zusammen, dass seine letzte Regierungsübernahme nach dem Ärger mit SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti nur mit Hängen und Würgen zustande kam. Auch aus den Auseinandersetzungen mit Angela Merkel blieben Narben. Koch hat dennoch klug gehandelt: Sein politischer Abgang erfolgt völlig selbstbestimmt ­ nur wenige Politiker haben das geschafft."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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