Friedensnobelpreis für Obama Nobelpreiskomitee beschert Dilemma
10.12.2009, 21:04 UhrOb es nun richtig ist, Barack Obama mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen, wird die Zukunft zeigen. Die Presse steht der Ehrung und der dahinter stehenden Motivation zwiespältig gegenüber.

Thorbjorn Jagland (r) übergibt den Friedensnobelpreis an seinen diesjährigen umstrittenen Preisträger Barack Obama (l).
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
"Dass Friedensgruppen gestern in Oslo gegen den Friedensnobelpreisträger Barack Obama demonstrierten, war eine durchaus paradoxe Situation", meint der Trierische Volksfreund. Allerdings, so das Blatt weiter, dürfe man dies nicht dem US-Präsidenten ankreiden. Denn es sei das das Nobelpreiskomitee gewesen, "das mit seiner umstrittenen und politisch motivierten Entscheidung das Dilemma für Obama heraufbeschwor und ihn mangels konkreter Errungenschaften wohl in erster Linie früh dafür auszeichnete, ein Anti-Bush zu sein". (…) Das Nobelpreiskomitee habe gestern noch mal konstatiert, dass die Ehrung Obamas "ein Aufruf zum Handeln" sei. "Und an den akuten Herausforderungen" werde man den Nobelpreisträger letztlich messen: "an der Suche nach einem Frieden in Nahost; am Ringen um eine Beschränkung des friedensgefährdenden Nuklearpotenzials unberechenbarer Regime wie Iran oder Nordkorea; an einer derzeit noch stockenden Reduzierung des immer noch gewaltigen Atomwaffen-Arsenals der Großmächte." (...)
Die Neue Westfälische geht einen Schritt weiter und bewertet die Entscheidung des Nobelpreiskomitees: "Dass der Präsident einer kriegführenden Nation den Friedensnobelpreis erhält, ist ein, neutral formuliert, ungewöhnlicher Vorgang. Zu sagen, das geht gar nicht, ist ebenfalls zulässig. Diese Situation hat nichts Kurioses an sich. Sie ist eher peinlich. Für alle Beteiligten. Sie sagt auch weniger aus über den US-amerikanischen Präsidenten als vielmehr über den Weg, den das Nobelkomitee offensichtlich nimmt." Und zwar werde hier laut der Neuen Westfälischen versucht, Realpolitik zu betreiben.
Der neue Tag urteilt: "Die Jury hat einen Politiker mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, in dem sie wie allzu viele einen politischen Messias sehen wollen, was dieser aber nicht ist, und auch nicht sein will." Dies werde in Oslo mehr als deutlich. Denn sei es der Preisträger selbst gewesen, "der aller Welt zurief: Seht her, der Kaiser ist nackt." Sein Fazit, " Krieg sei notwendig", unterstreiche dies, meint das Presseorgan aus Weiden und schließt daraus: "Der Friedensnobelpreisträger präsentierte sich nicht nur als Kriegspräsident, sondern durch und durch als amerikanischer Realpolitiker."
"Gäbe es einen Nobelpreis für Hoffnung, er hätte ihn jetzt verdient", schreibt die Allgemeine Zeitung. Allerdings hat er den Friedensnobelpreis erhalten, und den müsse er sich noch verdienen – im Nachhinein. Dabei sei er, so meint das Blatt aus Mainz anerkennend weiter, "auf dem richtigen, weil einzig gangbaren Weg". "Denn wer als Verantwortlicher eines Staates der freien Welt Soldaten nach Afghanistan schickt, notgedrungen, mag als Kriegspräsident bezeichnet werden; aber er ist einer, der das bedauerlicherweise Notwendige unternimmt bei dem Versuch, die Welt sicherer zu machen." Dass sich Obama in einem Dilemma fühle, sei ein Zeichen für "seine Sensibilität auch für seinen Pragmatismus, weil er weiß, dass viele in seiner eigenen Nation, die ihm noch vor ein paar Monaten zugejubelt haben, jetzt argwöhnisch auf ihn schauen".
Der Münchner Merkur konstatiert, dass es richtig sei, dass Barack Obama noch "kein sichtbares Monument des Friedens" vorzuweisen habe, welche die Ehrung mit dem Friedensnobelpreis absolut "unangreifbar" machte. Die Zeitung erinnert an vorangegangene Preisträger, für die Ähnliches gegolten habe, zum Beispiel für Willy Brandt, der seinen Friedensnobelpreis für seine Ostpolitik sozusagen auf Vorschuss erhalten und erst viel später verdient habe. So kommt das Blatt zu dem Schluss: "Vor diesem Hintergrund wirkt die aufgeregte Kritik am Preisträger Obama ziemlich übertrieben. Einen Hoffnungsträger anzuspornen und gleichzeitig den Geist von Dialog, Entspannung und Diplomatie zu würdigen, der seit dem Abschied von George Bush aus der Weltpolitik zu spüren ist, sind das keine nachvollziehbaren Kriterien für den renommiertesten Preis der Welt? Zumal Obama auch gewillt scheint, die Hypothek zu schultern."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger