Friedensnobelpreis "Obama darf nicht scheitern"
09.10.2009, 19:48 Uhr
Wenn er ehrlich sein solle, habe er den Preis nicht verdient: Obama selbst reagierte überrascht und demütig.
(Foto: AP)
Die höchste Auszeichnung für den Dienst am Frieden ist eine frühe, aber keineswegs unverdiente Belohnung, so die vorherrschende Meinung der Presse. Vor allem aber ist er "Bürde und Verpflichtung".
"Mit dem Preis 2009 wird ein Hoffnungsträger gestützt, den die Welt dringend braucht, der aber gerade gefährlich schwächelt", schreibt der Weser-Kurier aus Bremen. "Das ist ein viel weiterreichender politischer Akt als die bloße Auszeichnung eines Menschenrechtsaktivisten in China, Birma, Iran oder irgendeiner anderen Diktatur. Dort schützt der Preis seine Träger bestenfalls vor allzu brutaler Repression; an der Lage in den jeweiligen Ländern ändert er meistens kaum etwas. Obama hingegen muss bewahrt werden vor seinem eigenen Scheitern, das unabsehbare Folgen für die ganze Welt hätte. Das kann natürlich die Verleihung des Preises allein nicht leisten, aber sie ist ein wichtiger Beitrag."
Die Sächsische Zeitung aus Dresden glaubt, dass das Osloer Komitee Obama keinen Gefallen getan habe. "Die Ehrung ist zwar eine Ermunterung; vor allem aber ist sie Verpflichtung und Last." Schon jetzt stehe Obamas Präsidentschaft unter riesigem Erwartungsdruck. "Nun droht er ins Unermessliche zu wachsen. Ob er die Hoffnungen der Welt erfüllen kann, ist fraglich. Das Klima schützen, Konflikte mit dem Iran und im Nahen Osten beilegen, Atomwaffen abschaffen - all das hängt nicht nur von Obamas Willen ab. Wenn er keine Unterstützung erhält, bleibt die bessere Welt nicht mehr als ein schöner Traum.
"Obama hat alle Krisenherde und Weltprobleme auf seiner Agenda. Nicht nur viel zuviel für die Schultern eines Mannes, auch zuviel für die größte Macht der Welt, bewertet die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg die Osloer Entscheidung. "Als Friedensnobelpreisträger wird er in die Pflicht genommen, seinem Vorsatz der friedlichen Konfliktlösung treu zu bleiben. Insofern bindet ihn die Auszeichnung. Aber sie stärkt seine moralische Kraft. Obama darf nicht scheitern. Weil sonst die Welt scheitert. Das will der an ihn verliehene Nobelpreis sagen."
Gleichermaßen bemerkenswert und merkwürdig bezeichnet die Westdeutsche Zeitung aus Düsseldorf die Preisvergabe. Dem US-Präsidenten könne man sie jeoch nicht zum Vorwurf machen. "Immerhin hat er in den wenigen Monaten seiner Amtszeit noch keinen neuen Krieg begonnen. Und mit dem Friedensnobelpreis im Tornister, so vielleicht die Hoffnung in Oslo, könnte auch die Schamschwelle steigen, den Iran tatsächlich zu bombardieren. Der Preis ist so gesehen auch eine Bürde und Verpflichtung für Barack Obama. Er hat die Chance, was draus zu machen."
"Glaubwürdigkeit, Wille und Ideen brachte der Mann in das wichtigste Amt der Welt mit", kommentiert der Wiesbadener Kurier. "Diese Attribute haben ihm jetzt den wichtigsten politischen Preis der Welt eingebracht. Verdient hat ihn sich Barack Obama noch nicht. Die Auszeichnung ist ein Darlehen auf die Zukunft mit der Zuversicht, dass es, wenn überhaupt, nur einer schaffen kann, wieder die Gräben zuzuschütten. Zwischen Ost und West, Nord und Süd, oben und unten. Congratulations and good luck, Mr. President."
Zusammengestellt von Diana Sierpinski
Quelle: ntv.de