Pressestimmen

Droht US-Alleingang in Syrien? "Obama hat offenbar keine Strategie"

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Das britische Parlament verweigert Premier David Cameron die Gefolgschaft und stimmt gegen einen Militäreinsatz in Syrien. Werden die USA einen Alleingang starten? Oder tritt Präsident Barack Obama den Gang nach Canossa an?

In bester parlamentarischer Tradition hätten die britischen Abgeordneten genauso gehandelt, sie es von ihnen erwartet wird, schreibt die Rheinpfalz: "Sie haben ihre Regierung kontrolliert. Mehr noch: Sie haben sich in der so wichtigen Frage von Krieg und Frieden über die Parteidisziplin hinweggesetzt. Sie haben sich nicht erneut, wie bei der Entscheidung für den Irakkrieg 2003, von windigen Regierungserklärungen einwickeln lassen. Sie haben Unabhängigkeit bewiesen, sind Argumenten gefolgt - und ihrem Gewissen." Für die Zeitung aus Ludwigshafen ist das "eine Sternstunde des Parlamentarismus".

Dass das britische Parlament gegen militärische Schritte gestimmt hat, habe der Drohkulisse gegen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad einen schweren Schlag versetzt, meint die Westdeutsche Zeitung aus Düsseldorf: "Faktisch hat Obama nun die Wahl zwischen militärischem Alleingang oder erneutem Zaudern. Für die Assad-Gegner ist das eine Katastrophe. Aber zugleich hat sich das Parlament als unabhängig erwiesen. Dem vermeintlichen Sog, dass ein Angriff zwangsläufig und nur eine Frage von Stunden ist, haben sich die Abgeordneten widersetzt. Sie haben so unterstrichen: Die Beweise sind bislang zu dünn, um zu Waffen zu greifen."

Wenn die USA Syrien alleine angreifen, dann droht ein "Rückfall in die Ära Bush", kommentieren die Westfälischen Nachrichten. Aber gerade von der " Isolierung Washingtons hatte sich Obama bei Amtsantritt verabschieden wollen. Doch nun steckt der US-Präsident in der Zwickmühle. Wollte er das Risiko eines Militärschlags vermeiden, müsste Obama den Gang nach Canossa antreten - zu Putin. Obama könnte sich mit den Hinterzimmer-Mächten - Russland und Iran - auf eine politische Lösung des Konflikts einigen." Dass er dafür aber über seinen eigenen Schatten springe, sei kaum zu erwarten, urteilt die Zeitung aus Münster.

Die Stuttgarter Zeitung sieht Obama in einem Dilemma, das ihm "von außen aufgezwungen wurde", denn der US-Präsident "kann nichts für die Welt, wie sie ist". Ein wenig aber sei die Zwangslage auch selbst verschuldet. "Obama hat es in bald fünf Jahren nicht vermocht, einen Plan zu entwickeln, wie er mit den Schurken dieser Welt umgehen will. Er liebt die Einzelfallprüfung. Die Strategie des US-Präsidenten besteht offenbar darin, dass er keine hat."

Das können die Kieler Nachrichten unterstreichen: "Jegliches Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg muss dem Ziel dienen, die Bevölkerung zu schützen. Dazu zählt auf der einen Seite, weitere Giftgasangriffe des Regimes zu verhindern. Auf der anderen Seite muss der Westen bedenken, was mit einigen von See abgefeuerten Marschflugkörpern zu erreichen wäre. Die Zerstörung strategisch wichtiger Ziele? Sicherlich. Eine Schwächung der Regierungstruppen? Wahrscheinlich. Eine Stärkung der Rebellen? Vielleicht. Einen Sturz des Assad-Regimes? Wohl kaum. Und was dann? Die Antwort haben Obama und Hollande bisher nicht gegeben."

Quelle: ntv.de

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