"Keine Chance - aber nutze sie" Papst-Reise nach Nahost
08.05.2009, 21:22 UhrPapst Benedikt ist zu seiner ersten Reise in den Nahen Osten gestartet. Erste Station seiner einwöchigen Pilgerfahrt ist Jordanien. Anschließend will er Israel besuchen. Da er in seiner bisherigen Amtszeit sowohl Moslems als auch Juden verärgert hat, ist sich die Presse einig: Die Reise Benedikts ist heikel.
Dass Benedikt es mit seiner Reise "im Grunde niemandem recht machen kann", davon geht die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus. Grund seien die "im politischen Feld Nahost-Konflikt" vergrabenen "vielen Minen". Nach Meinung des Blattes gibt es Leute, "die geradezu darauf warten, dass der deutsche Papst in Israel oder gegenüber den Muslimen einen Fauxpas begeht." Dabei stehe jedoch außer Frage, dass gerade dieser Papst für den jüdisch-christlichen Dialog theologisch Wichtiges geleistet habe. Denn der Verdacht, der Papst habe mit seiner Rücknahme der Exkommunikation von vier Bischöfen der Pius-Bruderschaft antisemitischen Unterströmungen nachgegeben, kommt nach Ansicht der Zeitung "() auch mehr von weltlicher Seite als von Partnern im innerreligiösen Dialog." Das Blatt kommt zu dem Schluss: "Wer diese Reise zum weltlichen Test für einen geistlichen Führer stilisiert, ist weder dem Papst noch der Kirche wohlgesinnt."
Die Kieler Nachrichten betrachten die Tour des Papstes als "eine große Chance". Eine Reise des Oberhaupts der Katholischen Kirche zu den Ursprungsorten dreier Religionen sei von besonderer Bedeutung, unterstreicht das Blatt. Zumal Benedikt XVI., wie auch schon sein Vorgänger Johannes Paul, immer wieder betont habe, wie sehr ihm die Verständigung zwischen den Weltreligionen am Herzen läge. Dennoch bleibt man in Kiel skeptisch über den Ausgang der Reise: "Den Extremisten, die es unter Arabern ebenso gibt wie unter Juden, ist dieses Anliegen ein Dorn im Auge." Deshalb könnte "jedes falsche Wort des Papstes () zu einem peinlichen Fehltritt werden", erahnt das Blatt.
Mit Spannung erwartet die "tageszeitung" die bevorstehende Weiterreise des Papstes nach Israel: "Israel-Reisen von Päpsten sind nie einfach. Auch Benedikt XVI. wird es schwer haben", prophezeit das Blatt. Der Grund: Jerusalems Straßen seien "nicht mit Gold gepflastert, sondern mit Fettnäpfchen". Dennoch habe Benedikt die Chance, "gerade durch christliche Demut, durch Zuhören und vielleicht durch Schweigen einiges gutzumachen, was in den vergangenen Monaten gründlich schieflief". Mit einem Zwinkern in den Augen resümieren die Berliner Zeitungsmacher: "Die Konstellation im Vorfeld gleicht ein wenig der bei der Türkeireise des Papstes nach seiner sehr missverständlichen 'Regensburger Rede': Du hast keine Chance - aber nutze sie."
Die Rhein-Neckar-Zeitung stimmt nicht nur in den Kanon ein, sie wagt sich noch einen Schritt weiter und fordert: Der Papst, der als Pilger im größten politischen Minenfeld unterwegs sei, dürfe "nicht nur sprechen, ohne etwas zu sagen". Er müsse auch das Vertrauen der Juden suchen, ohne dabei die Muslime zu verletzen. Zudem sollte er politisch werden, ohne dabei jedoch das Geschäft der Politiker zu betreiben. Vielleicht, so das Heidelberger Blatt optimistisch, "ist die Reise, und dass sie zustande kam, schon das Ziel. Der Nahe Osten lehrt Minimalismus."
Zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke
Quelle: ntv.de