Pressestimmen

Benedikt XVI. und die Ökumene "Papst schlägt Einladung aus"

Für die einen trifft der Papst bei seinem Auftritt in Erfurt den richtigen Ton und stärkt das gegenseitige Vertrauen zwischen Katholiken und Protestanten. Andere bewerten das Treffen als einseitig und dürftig; Kompromisse unter Benedikt XVI. sind wohl ausgeschlossen.

Papst Benedikt XVI. (l) mit dem Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche Nikolaus Schneider.

Papst Benedikt XVI. (l) mit dem Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche Nikolaus Schneider.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Das Treffen in Erfurt war bewegend und herzlich, aber einseitig und dürftig im Ertrag", urteilt das Badisches Tagblatt. Denn lediglich die Vertreter der evangelischen Kirche hätten "ihrer tiefen Sehnsucht nach Einheit" Ausdruck verliehen. "Sie verbeugten sich fast bis zur Selbstaufgabe, nannten den Gast aus Rom 'Bruder in Christus'." Doch für den Papst sei Ökumene "Arbeit und Mühsal". Das Blatt aus Baden-Baden würde einen enttäuschten und ernüchterten Rückzug der evangelischen Christen verstehen. Ebenso verständlich sei es, dass sich daraufhin mehr Katholiken von ihrer Kirche abwenden. "Sicher: Man darf so ein Ereignis nicht an den zu hohen Erwartungen messen. Aber eines bleibt doch wahr: Der Papst folgte einer Einladung an einen Ort Luthers. Und dort schlug er die Einladung aus."

Die Rhein-Zeitung bewertet die Haltung des Papstes zur Ökumene für Benedikt XVI. selbst als folgerichtig: "Bei den Sakramenten der katholischen Kirche sind Kompromisse unter Benedikt XVI. wohl ausgeschlossen. Man kann darüber klagen oder auch eingestehen: Es hat eben seine Gründe, warum der eine Protestant ist und der andere Katholik. Oder eben auch nichts (oder nichts mehr) von beidem."

Auch die Nürnberger Nachrichten stimmen dem Papst zu, dass man "in dogmatischen Fragen nicht einfach alle Fünfe gerade sein lassen" könne, nur um zum anderen nett zu sein. Des Weiteren sei "die Vorstellung etwas naiv, der Pontifex bringe als Gastgeschenk ökumenische Zugeständnisse mit – so wie andere Gäste einen Blumenstrauß". Dennoch fragt die Zeitung kritisch, "warum Katholiken und Protestanten seit Jahrzehnten ein Verständigungspapier nach dem anderen unterzeichnen und die Christen vor Ort immer noch so gut wie gar nichts davon haben".

Ähnliche Töne schlägt der Mannheimer Morgen an: "Sicher, Benedikt hat erfreulich oft und deutlich betont, was katholische Kirche und Protestanten verbindet. Gleichzeitig hat er darauf hingewiesen, dass Kirchenferne und Glaubenskrise zunehmend die Gemeinsamkeiten bedrohen. Gerade dieser personelle wie religiöse Schrumpfungsprozess gebietet es aber, die Einheit der Christen theologisch wie organisatorisch voranzutreiben. Fast könnte man glauben, St. Nimmerlein wäre ein katholischer Heiliger."

Für dem General-Anzeiger dominiert jedoch das Positive: "Zum einen hat Benedikt XVI. das Augenmerk auf das eigentliche Zentrum der Ökumene gelenkt, nämlich den gemeinsamen Glauben. Zum anderen hat er Mut gemacht, auf diesem Weg fortzuschreiten." Erfurt habe so "das gegenseitige Vertrauen gestärkt, aus dem allein Gemeinschaft entstehen kann. Der Papst kam nicht als Fordernder oder Verweigerer, schon gar nicht als Konservativer. Vielmehr unterstrich er die Bedeutung der Theologie, die heute in beiden Kirchen oftmals zu kurz kommt. Bleibt zu hoffen, dass das Gespräch mit 'Bruder Benedikt' nicht abreißt, sondern intensiviert wird. Es lohnt sich."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Julia Kreutziger

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