China und die Hoffnung des Westens "Peking bleibt im Kielwasser Russlands"
28.03.2014, 20:53 Uhr
China soll verstärkt für internationale Stabilität eintreten, sich von Russland distanzieren und bei der Lösung von Krisen wie der in der Ukraine helfen. Das jedenfalls erhofft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel von ihrem Gast aus Peking, dem chinesischen Präsidenten Xi Jingping. Aber setzt sie dabei auf den richtigen Mann?
Der Besuch biete einen guten Anlass, "über die doppelten Standards nachzudenken, die in internationalen Beziehungen eine Rolle spielen", kommentiert die Mitteldeutsche Zeitung aus Halle. "Da wird also der chinesische Präsident, in seiner Hauptfunktion Vorsitzender der Kommunistischen Partei, in Berlin mit allen militärischen und diplomatischen Ehren auf das Freundlichste empfangen. Dabei ist er der erste Mann einer Diktatur, die Oppositionelle gnadenlos verfolgt und einkerkert, einer Diktatur, die im vergangenen Jahr Tausende Menschen hat hinrichten lassen, eines Regimes, welches das Ost- und Südchinesische Meer ganz selbstverständlich als seine Einflusssphäre beansprucht, die es militärisch absichert. Und das den einst souveränen Staat Tibet seit Jahrzehnten besetzt hält. Spricht deshalb irgendjemand über Sanktionen?"
"Sowohl Bundespräsident Gauck als auch Kanzlerin Merkel sahen sich veranlasst, im Beisein Xi Jinpings auf die prekäre Menschenrechtslage in China hinzuweisen. So viel Wahrhaftigkeit in den Beziehungen muss sein - gerade, wenn man diese vertiefen will und muss", findet die Badische Zeitung aus Freiburg. "In der Tat wird China nicht nur wirtschaftlich, sondern auch als außen- und sicherheitspolitischer Akteur immer selbstbewusster." Und was den Nachbarn in Asien Sorge bereite, lasse westliche Demokratien hoffen: "China soll verstärkt Verantwortung übernehmen und für internationale Stabilität eintreten. Die gemeinsame Erklärung Xis und Merkels legt immerhin nahe, dass die Führung in Peking dazu in Maßen bereit ist - und dass auch sie Russlands Vorgehen auf der Krim für fragwürdig hält."
Dagegen erhebt die Thüringische Landeszeitung aus Weimar Einwände: "Westliche Politiker sollten sich (...) keine Hoffnungen auf einen neuen Verbündeten gegen Russland machen, nur weil China wegen des Krim-Anschlusses von Moskau abgerückt ist. Peking treibt die Angst um, auch die Menschen im besetzten Tibet oder anderen chinesischen Landesteilen könnten nach Unabhängigkeit per Referendum streben."
Politisch stehen sich China und Deutschland "immer noch sehr fern", fasst die Märkische Allgemeine aus Potsdam zusammen. "Die Repression gegen Andersdenkende hat unter Xi wieder zugenommen und auch auf internationaler Ebene ist China kaum bereit, sich auf den Westen zuzubewegen. Ob Syrien, Libyen oder den Iran: Stets bleibt die Pekinger Führung im Kielwasser Russlands. Die Enthaltung im UN-Sicherheitsrat zur Annexion der Krim war offenbar schon das Maximum an Unabhängigkeit, das man sich von Moskau leistete. Solange die Wirtschaft weiter brummt, wird man das in Berlin verschmerzen können. Die Zeiten, als Angela Merkel den Dalai Lama im Kanzleramt empfing und damit selbst für politische Irritationen sorgte, sind schon lange vorbei."
Quelle: ntv.de