Pressestimmen

CDU verliert auch im Nordosten "Politik ist seltsam blutleer"

Wieder hat die CDU im Norden verloren. Bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern wird die SPD stärkste Kraft und kann das Land weiterregieren. Die FDP scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde, die Grünen schaffen hingegen den Sprung ins Parlament. Die Presse schaut in den Norden und diagnostiziert verschiedenste Leiden, die sich jedoch auf die ganze Republik auswirken: eine Identitätskrise in der Union, einen sanften Aufwind ohne wirkliches Ziel in der SPD und eine Unkalkulierbarkeit in der FDP. In "diesen aufregenden Tagen" ist die deutsche Politik "seltsame blutleer".

In Mecklenburg-Vorpommern bleibt fast alles wie es ist. Im Bund auch?

In Mecklenburg-Vorpommern bleibt fast alles wie es ist. Im Bund auch?

(Foto: dpa)

"Wie im März dem Bündnis aus CDU und SPD in Sachsen-Anhalt, so hat der Bürger via Demoskopie und Wahlurne der großen Koalition in Schwerin (…) ein neues Mandat erteilt - freilich mit einer vom Bundestrend arg gebeutelten CDU als Juniorpartner." Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wundert sich, denn es "waren und sind viele Entscheidungen von der Kreisreform bis zur Schuldenbremse auch in Mecklenburg-Vorpommern nicht populärer als andernorts". Doch eines lehrt auch diese Wahl, so das Blatt, nämlich, "dass es nicht zuletzt an Politikern liegt, ob Bürger das Glas ihrer Chancen und der ihrer Kinder eher halbleer oder halbvoll wähnen - und sei es, dass sie wie Sellering die DDR nicht für einen Unrechtsstaat halten. Die Zeichen stehen daher auf Kontinuität."

"Angela Merkels CDU hat im Norden verloren - nach Hamburg, nach Baden-Württemberg schon zum dritten Mal in diesem Jahr", resümiert der Kölner Stadt-Anzeiger und sucht die Ursache dafür: "Die Partei streckt tief in einer Identitätskrise." Ander so in der SPD, die "befindet sich in einem sanften Aufwind, kann aber selbst kaum sagen, wohin sie sich treiben lassen möchte - außer an die Macht". "Deutschlands Politik ist seltsam blutleer in diesen aufregenden Tagen."

"Sigmar Gabriel berauscht sich regelrecht daran, dass es gelungen ist, etwas mehr als jeden dritten der gut 700.000 Wähler in Mecklenburg-Vorpommern dazuzubringen, sein Kreuz bei den Sozialdemokraten zu machen. Volkspartei? Blickt man in den Bund, bleibt sie ein Traum", kommentiert die Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung. Trotzdem sei es der SPD gelungen, "den Genossen Trend das gesamte Wahljahr 2011 über sich gewogen zu halten". "Es geht aufwärts mit der Sozialdemokratie. Und zugleich - das ist die bittere Logik der Wahlarithmetik - abwärts mit CDU und FDP."

Die Nürnberger Nachrichten stellen sich ein auf: "zwei lähmende Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl (...), in denen eine paralysierte FDP wohl ihrem einstigen Star Guido Westerwelle noch das letzte Amt nehmen und dann feststellen wird, dass auch dies nicht geholfen hat. Und in denen eine nicht ganz so schwer getroffene Union die Fühler nach neuen Partnern ausstrecken wird, um ab 2013 weiterregieren zu können".

Auch wenn sich an den Machtverhältnissen im Bund nach dem abermals ernüchternden Ergebnis für Schwarz und Gelb nicht viel ändern werde, hat "die Wahl in ihrem Heimatland Mecklenburg-Vorpommern (...) für Kanzlerin Angela Merkel das Regieren noch schwerer gemacht", glaubt die Stuttgarter Zeitung. Vor allem werde die "Nervosität in Merkels verunsichertem Regierungsbündnis" anwachsen. "Die Entwicklung in der FDP ist ohnehin nur noch schwer zu kalkulieren. Die CSU ist nicht minder unberechenbar, jetzt, wo dem Ministerpräsidenten Horst Seehofer mit dem Münchner SPD-Oberbürgermeister Christian Ude ein ernst zu nehmender Konkurrent erwuchs."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Nadin Härtwig

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