Hoeneß' Verzicht auf Revision "Promi-Malus, Promi-Bonus? Nichts davon"
14.03.2014, 20:57 Uhr
Uli Hoeneß verzichtet in seinem Steuerprozess auf eine Revision und akzeptiert damit eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren. Auch von seinen Posten als Präsident und Aufsichtsratschef beim FC Bayern München verabschiedet er sich. Die deutsche Presse wertet diese Schritte positiv: Er sei durch seine Entscheidung ein "freier Mann" geblieben und stehe nun als "guter Verlierer" da.
"Der Verzicht auf Rechtsmittel ist die Antwort von Hoeneß auf seinen Lebensfehler", schreibt die Süddeutsche Zeitung. Der Mann, der für so viele ein strahlendes Vorbild gewesen sei, zeige im Fallen, im Abstieg ins Gefängnis, wieder Größe. Um seine Tatkraft und Energie zu beschreiben, hätte man von Hoeneß früher oft gesagt, er sei einer, der den Stier bei den Hörner packt. Doch: "Nun packt er sich selbst bei den Hörnern. Das ist eindrucksvoll. Es hat auch andere Vorteile für Hoeneß, wenn das Urteil schnell rechtskräftig wird: Es kann sich dann nicht mehr zum Noch-Schlechteren wenden. Das Risiko, dass der Bundesgerichtshof die Sache zu neuer Verhandlung und weiterer Aufklärung zurückverweist, entfällt."
Die Nürnberger Zeitung betont die Auswirkungen auf den Verein, auch in Bezug auf dessen neuen Chef Herbert Hainer: "Hoeneß hat mit seiner zeitnahen und konsequenten Reaktion dem Verein eine perfide Debatte erspart und den Rest seiner eigenen Würde bewahrt. Der deutsche Fußball-Rekordmeister muss künftig ohne seinen Patron auskommen, der ihn über vier Jahrzehnte als Spieler und Funktionär geprägt und entwickelt hat. Viele sprechen nun von einem Machtvakuum an der Spitze des derzeit weltbesten Klubs. So dominant, wortgewaltig und angriffslustig wie Hoeneß wird Adidas-Chef Herbert Hainer nicht agieren."
"Der Mann ist noch nicht rechtskräftig verurteilt, die Erzählung noch nicht am Ende, da kommt am Morgen der Paukenschlag: Hoeneß akzeptiert das Strafmaß und legt alle Ämter nieder", schreibt die Welt. Sein Handeln habe, allen Zwängen zum Trotz, etwas Befreiendes: "Das muss unser Besserwisserland jetzt aushalten. Promi-Malus, Promi-Bonus? Nichts davon: Hoeneß ist und bleibt Hoeneß. Keinem Politiker, keinem Unternehmer war vergönnt, was ihm gelungen ist: Trotz der eingestandenen Straftat und späten Reue nicht wie ein Verbrecher dazustehen, aller Meriten beraubt, bürgerlich tot, nackt. Hoeneß hat mit seiner Erklärung das letzte Wort. All denen, die Hoeneß einzig als Staatsfeind betrachten wollten - all denen habe Hoeneß standgehalten und sei, kurz vor seinem Abtauchen ins Gefängnis, ein freier Mann geblieben.
Die Stuttgarter Zeitung bringt auch die Verschärfung der Gesetzeslage in Bezug auf Steuerhinterziehung zur Sprache: "Der Fall Uli Hoeneß hat Folgen. Die Politik mischt sich zwar nicht in die Arbeit der Justiz ein, dennoch wird die Gefängnisstrafe für den früheren Präsidenten des FC Bayern München in der Regierung mit Erleichterung aufgenommen. Man müsse sich nur für einen Augenblick vorstellen, was passiert wäre, wenn Hoeneß freigesprochen worden wäre: Die Öffentlichkeit wäre in ihrem Argwohn gegen die strafbefreiende Selbstanzeige bestärkt worden." Früher sei es noch möglich gewesen, das Ausmaß der Steuerhinterziehung scheibchenweise zu offenbaren und damit durchzukommen. Seitdem die schwarz-gelbe Koalition das Gesetz vor einiger Zeit verschärft habe, gehe das nicht mehr. "Mit dem Hoeneß-Urteil wird die Selbstanzeige bestätigt. Die große Koalition will zwar noch Details verschärfen, mehr aber auch nicht."
Die Frankfurter Rundschau sieht in Hoeneß einen guten Verlierer: "Als Zocker und Steuerzahler war Uli Hoeneß ein miserabler Gewinner, als gerichteter Steuerbetrüger ist er ein guter Verlierer. Nach seiner Verurteilung war sein Rücktritt als Präsident und Aufsichtsratschef des FC Bayern München selbstverständlich. Das ist der Verzicht auf eine Revision, also auf eine Überprüfung des Münchner Urteils vor dem Bundesgerichtshof, nicht." Auch wenn ein Erfolg in Karlsruhe unwahrscheinlich gewesen wäre, gehöre doch Haltung, sogar Mut dazu, die geringe Chance ungenutzt zu lassen. Mit dem Entschluss, die Führung des Vereins abzugeben und das Urteil ohne Widerstand zu akzeptieren, zeigt Hoeneß, dass er auch ein großer Spieler ist, der weiß, wann es vorbei ist.
"Vielleicht hat Hoeneß eingesehen, dass er mit dem Urteil gar nicht so schlecht weggekommen ist", glaubt der Nordbayrische Kurier. Sicher habe sein Anwalt Chancen und Risiken einer Revision ausgiebig mit ihm erörtert. Erlange das Urteil Rechtskraft, dann sei das Kapitel Steuerhinterziehung für Hoeneß ein für allemal beendet. Und er könnte neu anfangen: "Aber was für einen Neuanfang kann es für einen wie ihn nach dem brutalen Absturz geben? Darüber zu spekulieren, ist zu früh. Wenn er nach rund zwei Jahren, teils im offenen Vollzug, wieder frei kommt, ist Hoeneß 64 Jahre alt. Da geht noch was."
Zusammengestellt von Saskia Nothofer
Quelle: ntv.de