Kim Jong Il ist tot "Raketen-Muskelspiele" in Pjöngjang
19.12.2011, 20:56 UhrNordkoreas Diktator Kim Jong Il ist tot. Der Westen, Japan und Südkorea schauen gebannt nach Ostasien und fragen sich, was nach ihm kommt: Kim Jong Un. Er steht seinem Vater in nichts nach: Er rasselt mit den Säbeln, demonstriert seine Macht, schießt Mittelstreckenraketen ab. Kurswechsel ausgeschlossen, meint n-tv.de. Seine Macht ist sicher, wenn er sich gegenüber dem Militär durchsetzen und die Eliten weiter mit teuren Importwaren versorgen kann und Chinas Unterstützung behält.
Kim Jong Il ist tot. Nur wenige Stunden nach dieser Bekanntgabe lässt sein jüngster Sohn und Nachfolger Kim Jong Un eine Mittelstreckenrakete in Meer schießen. Für die Frankfurter Rundschau trete "Nordkoreas neuer Machthaber (so) auf, wie sein Vater abgetreten ist: mit einer militärischen Machtdemonstration". Dahinter verberge sich eine eindeutige Botschaft: "Keiner soll glauben, der junge Kim sei weniger gewaltbereit als sein Vater, der Nordkorea zur Atommacht aufrüstete und die Welt mit seiner Bombe erpresste." Es sei nun eine beängstigende Vorstellung, "dass ein knapp dreißigjähriger Tyrannensprössling nun über Nuklearwaffen sowie ein großes Arsenal an chemischen und biologischen Kampfstoffen verfügen könnte".
Die Landeszeitung deutet das Säbelrasseln in Nordkorea ebenfalls als eine Machtdemonstration. Keiner im Westen solle glauben, dass Nordkorea "ein vernachlässigenswertes Problem am Rande der Welt sei". (…) "Tatsächlich sind Machtwechsel für Diktaturen per se existenzbedrohlich. Umso unberechenbarer sind sie in diesen Phasen. Das gilt noch stärker für Despotien mit so ausgeprägtem Personenkult." Daher hält das Blatt aus Landshut auch kein Horrorszenario für undenkbar. "Die Raketen-Muskelspiele des Diktatorensprösslings Kim Jong Un sind zudem geeignet, das Vertrauen in das Beistandsversprechen der USA an seine Verbündeten zu unterminieren. Südkorea und Japan könnten ihr Heil in der Aufrüstung suchen."
Die Braunschweiger Zeitung bezeichnet Nordkorea als "ein bitterarmes Land, das sein politisches Überleben der atomaren Aufrüstung verdankt". Daher sei es nur logisch, dass sich der Westen, insbesondere die USA, nun sorgen, "was nach Kim Jong Il kommt". Die Ausgangslage sei dabei denkbar schlecht, "denn US-Präsident Barack Obama ist mit seiner Nordkorea-Politik gescheitert, alle Versuche der Deeskalation wurden zurückgewiesen". Und China? Im Reich der Mitte sieht das Blatt einen "skrupellosen Freund: Peking nutzt die Nordkoreaner im asiatisch-pazifischen Raum für eine Strategie der Nadelstiche gegen die USA. Es ist ein schwacher Trost, dass Nordkorea es bisher bei martialischen Gesten belassen hat." Doch die größte Gefahr liege dennoch ganz woanders: Rationalität sei dem nordkoreanischen Regime nicht zuzusprechen.
Zwar sei die Stabilität in Ostasien künftig davon abhängig, inwieweit sich Kim Jong Un gegenüber dem nordkoreanischen Militär behaupten kann, aber entscheidender ist für den Tagesspiegel etwas anderes: nämlich "die Unterstützung Chinas". "Das wusste auch Kim Jong Il, weshalb er nach seinem Schlaganfall im Jahr 2008 gleich viermal ins Reich der Mitte fuhr, um wirtschaftliche Unterstützung zu erhalten und seine Nachfolge zu regeln." Aber auch für China spiele Nordkorea eine wichtige Rolle, und zwar eine geostrategische: "Der sozialistische Bruderstaat dient als Pufferzone zwischen dem eigenen Territorium und Südkorea mit den 25.000 dort stationierten US-Soldaten. Ein Zusammenbruch Nordkoreas und die Aussicht, dass Südkoreas Verbündete dann an der eigenen Grenze stünden, gilt für Chinas Militär seit langem als Szenario des Schreckens."
Die Stuttgarter Zeitung betrachtet das politische Überleben von Kim Jong Un und seiner Verbündeten aus einem innenpolitischen Blickwinkel: Es "hängt (…) maßgeblich davon ab, (ob) sie die Privilegien der Träger des Regimes weiterhin sichern können". Und genau das werde zunehmend schwierig."Je mehr Nordkorea international auf Konfrontationskurs geht, umso weniger kommt es an die Devisen, die es braucht, um die Eliten mit teuren Importwaren zu versorgen." Doch "eine größere Integration in die Weltgemeinschaft" stelle für das Regime aber auch eine Zwickmühle dar: "Denn wenn dem nordkoreanischen Volk bewusst würde, wie vorsätzlich seine Regierung es in den vergangenen Jahrzehnten vom Fortschritt abgeschnitten hat, würde es seine Illusionen über die Kims schnell verlieren."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Julia Kreutziger