Pressestimmen

Länder-Mehrheit verweigert Schlecker-Bürgschaft "Richtig und verantwortungsvoll"

Es wird keine Bürgschaft aller Bundesländer für die insolvente Drogeriekette Schlecker geben. Niedersachsen und Sachsen stellen sich bei der Suche nach einer gemeinsamen Lösung quer. Richtig so, findet ein Großteil der Presse. Denn "zur Ordnungspolitik gehört die Gleichbehandlung". Aber ist das Nein der Politiker zur Unterstützung der 11.000 Beschäftigten wirklich gerecht?

Viele Schlecker-Filialen haben bereits geschlossen.

Viele Schlecker-Filialen haben bereits geschlossen.

(Foto: dpa)

"Welchen Grund hat der Steuerzahler, ein Unternehmen zu subventionieren, das seine eigenen Kunden nicht davon überzeugen kann, Geld bei ihm zu lassen?" Keinen, meint die Hessische-Niedersächsische Allgemeine - außer, "wenn anstehende Wahlen oder Ähnliches Politiker zu ebenso teurer wie verlogener Symbolpolitik verleiten." Die Zeitung aus Kassel hält die Entscheidung der meisten Bundesländer gegen eine Bürgschaft für "richtig und verantwortungsvoll". Denn "die bedauernswerten Schlecker-Frauen fallen ohne Transfergesellschaften nicht in ein Loch. Arbeitslosengeld, Umschulungen und Weiterbildungen stehen ihnen zur Verfügung wie jedem anderen Arbeitslosen in Deutschland auch. Mit ein bisschen Glück sollte Besseres als Schlecker durchaus zu finden sein."

Das sieht das Hamburger Abendblatt ähnlich. Auch wenn der Jobverlust für jeden einzelnen Beschäftigen eine "persönliche Tragödie" sei, so müsse man doch die Frage stellen: "Was können teure Transfergesellschaften mehr leisten als die Arbeitsagenturen? Im Fall Schlecker nichts. Denn der Unterschied zwischen den angebotenen Bewerbungstrainings und Fortbildungen ist marginal. Die Diskussionen im Fall Schlecker zeigen exemplarisch, wie sich die soziale Marktwirtschaft früherer Tage zu einem Kapitalismus mit staatlichem Dauer-Airbag gewandelt hat. Allzu schnell ist von Systemrelevanz die Rede und von sozialer Verantwortung, welche die Politik übernehmen müsse. Schlecker muss sich alleine aus seiner Misere befreien - ohne jede Art staatlicher Hilfe."

"Die Schlecker-Konkurrenz beweist täglich, wie man gute Geschäfte macht, ohne die Mitarbeiter zu gängeln. Staatshilfen für das Missmanagement eines Patriarchen wie Anton Schlecker darf es nicht geben, denn wer hilft im Gegenzug den Mitarbeitern eines Mittelständlers, der Pleite geht?" fragt die Pforzheimer Zeitung. "Was bleibt sind die Tränen der Schlecker-Frauen. Sie werden arbeitslos und müssen klagen, wenn sie eine kleine Abfindung herausholen wollen."

"Dass Schlecker im Rampenlicht steht, verdankt die Kette allein ihrer Größe. Bei kleinen Einzelhändlern und Handwerksbetrieben, von denen jeden Tag viele dicht machen müssen,
schaut der Wirtschaftsminister nicht vorbei", stellt auch die Stuttgarter Zeitung fest und fügt hinzu: "Zur Ordnungspolitik gehört die Gleichbehandlung. Nicht die Großunternehmen schaffen die meisten Arbeitsplätze, sondern der Mittelstand. Deshalb ist es falsch, die Großen ständig zu bevorzugen."

Die Forderung nach Gleichbehandlung berge nach Meinung des Badischen Tagblatts aber ein Problem. Denn hätte die Politik in den vergangenen Jahren streng nach der Devise gehandelt, dass es Kapitalismus mit staatlichem Auffangschutz in Notsituationen nicht geben darf, dann wäre die jetzige Entscheidung auf Verständnis gestoßen. "So aber bleibt - nicht nur bei den Betroffenen - ein deutliches Gefühl der Ungleichbehandlung. Das ist sozialer Zündstoff. Man darf gespannt sein, wie konsequent die Wirtschaftspolitiker bei künftigen Krisen agieren: Wenn zum Beispiel wieder einmal das Opel-Werk in Bochum zur Disposition steht."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen