Linkspartei und SPD "Rot-rote Planspiele"
25.01.2010, 21:24 UhrWie geht es mit der Linkspartei weiter? Laut n-tv hat Lafontaine seiner Partei mit seinem Rückzug aus der Bundespolitik "eine große Chance" eröffnet. So könnten die unterschiedlichen Parteiflügel endlich ausgesöhnt werden und sogar eine Annäherung an die SPD scheint vorstellbar. Auch für die Presse werden "neue Mehrheiten jenseits von Schwarz-Gelb" immer wahrscheinlicher.
"Kaffeesatz ist ungenießbar, aber manche Zeitgenossen können in ihm die Zukunft lesen. Genau das, nämlich Kaffeesatzleserei, ist zurzeit die Lieblingsbeschäftigung zahlreicher politischer Beobachter." Der Gedanke, dass eine Vereinigung von Linkspartei und SPD nicht mehr fern sein könnte, "hat im bürgerlichen Lager manche arg verschreckt", so die Emder Zeitung. "Ein CSU-Mann sieht darin gar eine Wiederkehr der Zwangsvereinigung von SPD und KPD. Da ist wohl die Angst vor gegnerischer Stärke der Vater des unhistorischen Gedankens. Die linke Fusion könnte tatsächlich irgendwann kommen, doch dazu braucht es charismatische Persönlichkeiten vom Schlage eines Willy Brandt. Es steht aber zu befürchten, dass auch die Genossen in den Kaffeesatz schauen und dort den Namen Ypsilanti lesen. Doch da sei der Erzengel Gabriel vor!"
Ohne Lafontaine ist die Linkspartei für die SPD "deutlich hoffähiger". Gemeinsame Handlungsoptionen jedenfalls kann die Ostsee-Zeitung ausmachen: "Wachsende Vorbehalte gegen Hartz IV, Leiharbeit, Rente mit 67 und Kampfeinsätze in Afghanistan." Wenn es Gysi dann noch gelingen sollte, in seiner Partei "die 'Realos' über die Radikal-Oppositionellen triumphieren" zu lassen, dann könnten sich ab 2013 in Bund und Ländern "rasch neue Mehrheiten jenseits von Schwarz-Gelb formieren. Schließlich wird auch eine SPD im oppositionellen Jammertal gezwungen sein, Ausschau nach Bündnispartnern zu halten, um wieder regierungsfähig zu werden. Da die Grünen aber immer öfter mit den Schwarzen kuscheln, werden rot-rote Planspiele nur wahrscheinlicher."
"Wird er künftig der heimliche Vorsitzende sein wie einst Fischer bei den Grünen?" fragt die Frankfurter Allgemeine Zeitung und vermutet: "Das könnte zu weiteren Verwerfungen führen. Aber selbst wenn die Personalfragen noch in dieser Woche geklärt sein sollten, so steht die Programmdebatte noch bevor, der die PDS nicht umsonst jahrelang ausgewichen ist." Selbst "Charismatiker" wie Gysi und Lafontaine konnten die Flügel der Partei nicht auf einen gemeinsamen 'demokratischen Sozialismus" einschwören. "Und das sollen Figuren wie Klaus Ernst und Gesine Lötzsch schaffen?" Frei nach dem Linken-Losung "Das Leben ist bunter" mutmaßt das Blatt: "Die Linkspartei selbst wird erst einmal etwas grauer und normaler werden, und das dürfte sich auch in ihren Wahlergebnissen niederschlagen."
Die SPD wittert laut Eßlinger Zeitung "Morgenluft". Es sei zwar richtig, "dass ihr neuer Vorsitzender Sigmar Gabriel mit bemerkenswertem rhetorischem Talent ausgestattet ist. In die Rolle Lafontaines zu schlüpfen und abtrünnige Linke zurück in die Arme der Sozialdemokratie zu führen, dürfte aber trotzdem nicht ganz einfach sein." Dafür fehle ein sichtbares programmatisches Profil. Aber "was nicht ist, kann ja noch werden. Der Stolperstart der schwarz-gelben Bundesregierung bietet der SPD und Gabriel bemerkenswerte Chancen zur Neuerfindung der Sozialdemokratie."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki