Pressestimmen

Griechenland soll umschulden "Schäuble fürchtet Flächenbrand"

Athen hält Europa weiter in Atem. In einem Brief warnt Finanzminister Wolfgang Schäuble davor, dass ohne ein weiteres Hilfsprogramm "der erste ungeordnete Bankrott in der Euro-Zone" drohe. Er spricht sich für eine weiche Umschuldung Griechenlands aus und dafür, die Banken als private Gläubiger mit ins Boot zu holen. Mit seiner Forderung denke er aber nicht nur an den Pleite-Staat, mutmaßen die Zeitungen. Er wolle wohl auch einen "politischen Flächenbrand" in der eigenen Koalition verhindern.

Finanzminister Schäuble fordert die Kanzlerin heraus.

Finanzminister Schäuble fordert die Kanzlerin heraus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nichts sei nach Schäubles Brief klarer geworden, bemängelt das Handelsblatt aus Düsseldorf, vielmehr steige erneut die Unsicherheit an den Finanzmärkten. Einzig "das Datum des Bekanntwerdens" mache den Brief verständlich, denn Union und FDP beraten "in Dauersitzungen" darüber, "wie sie das Verhandlungsmandat der Regierung in Sachen Griechenlandhilfen und Rettungspakete einschränken können. Die Abgeordneten der Regierungsparteien feilen dafür an einem Entschließungsantrag, ganz so, als wären sie die Opposition. Solch ein Antrag bindet die Regierung rechtlich zwar nicht, er ist aber ein ziemlich lauter Warnschuss für alle noch folgenden Gesetze über Krisenhilfen: Union und FDP drohen ihrer Regierung offen mit Streik."

Auch für die Hessische / Niedersächsische Allgemeine ist der Grund für Schäubles "ungewöhnliches Vorgehen" offensichtlich: "Durch die dramatische Diagnose - das reale Risiko einer Staatsinsolvenz - soll Kritik an der empfohlenen Medizin - die weiche Umschuldung - im Keim erstickt werden. Denn der alte Fuchs kennt die gefährliche Stimmung in der Koalition. Es sammeln sich bei CDU, CSU und FDP diejenigen, die kein Steuergeld mehr in das Fass ohne Boden werfen wollen. Schäuble fürchtet einen politischen Flächenbrand. Zumal sich schon durch den plötzlichen Schwenk in der Atompolitik bei vielen Abgeordneten der Regierungsparteien Ärger aufgestaut hat. Kaum etwas wäre aber für die Koalition schlimmer, als wenn sie bei der Abstimmung über die Griechenlandhilfe auf Stimmen aus dem Oppositionslager angewiesen wäre."

Die Stuttgarter Nachrichten begrüßen die Forderung des Finanzministers, Banken in die Pflicht zu nehmen: "Wolfgang Schäuble fordert Angela Merkel heraus. Ein neues Hilfspaket für Griechenland dürfe nur frankiert werden, wenn es auch an private Gläubiger geschickt werde, hält der Finanzminister seiner Regierungschefin entgegen. Die Forderung ist richtig: Am Ende darf das Risiko nicht immer nur beim Steuerzahler hängenbleiben. Ganz ohne Banken geht die Chose nicht."

Die Lübecker Nachrichten analysieren die Situation mit Blick auf andere europäische Pleitekandidaten und ziehen einen Vergleich zum Verhalten der USA in der Finanzkrise: "Ja, Griechenland hätte niemals den Euro bekommen dürfen. Seine Kombination aus aufgeblähter Bürokratie und fehlender staatlicher Struktur etwa im Katasterwesen ist ein Skandal. Aber alle Aufregung über Fehler der Vergangenheit ist müßig. Griechenland ist Mitglied der EU und der Euro-Zone. Ohne weitere Hilfe wird es zum sozialen Elendsviertel Europas und zum EHEC-Virus für den Euro. Denn andere Länder mit Schuldenproblemen - und davon gibt es leider mehrere in Europa - gerieten wohl schnell mit in den Strudel. In der Finanzkrise haben die USA ein ähnliches Experiment gewagt und die Lehman-Bank pleite gehen lassen. Fast wäre das internationale Finanzsystem implodiert."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki

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