Pressestimmen

Noch mehr Soldaten nach Afghanistan "Schleunigst klare Ansagen"

Nach acht Jahren Krieg will Barack Obama zusätzlich 30.000 Soldaten nach Afghanistan entsenden, um bis Mitte 2011 die militärische Wende zu erzwingen. Dann, so der US-Präsident, sollen erste US-Truppen aus Afghanistan abziehen. Auch von der Bundesregierung erwarten die USA angeblich, zusätzlich bis zu 2500 Mann zu entsenden. Berlin lehnt eine Truppenaufstockung jedoch vorerst ab.

Die Aufstockung soll so schnell wie möglich geschehen.

Die Aufstockung soll so schnell wie möglich geschehen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg erachtet Obamas Doppelstrategie als "wenig überzeugend". Indem er den Beginn des Rückzugs aus Afghanistan für das Jahr 2011 verspreche, gebe er den Taliban einen Termin an die Hand, zu dem diese sich auf neue Offensiven vorbereiten könnten, ist hier zu lesen. "Der US-Präsident wird sich dann überlegen müssen, ob er das Land aufgibt - oder die US-Truppen länger bleiben. In beiden Fällen wäre es besser gewesen, er hätte die Entscheidung jetzt schon getroffen."

"Dass Obama der Ankündigung, die Truppen massiv aufzustocken, gleich das Versprechen hinterherschickt, 2011 mit ihrem Abzug zu beginnen, werden die Taliban nicht als Zeichen unbedingter Siegesgewissheit verstehen", konstatieren die Kieler Nachrichten. "Doch hatte Obama keine Wahl: Nur mit diesem Zeithorizont kann der Präsident den ungeliebten Feldzug noch vor den Amerikanern rechtfertigen. Unter demselben Druck steht die Bundesregierung. Der schnoddrige Ton aber, mit dem die Kanzlerin und der Außenminister Obamas Bitte um ein stärkeres Engagement der Verbündeten bis Ende Januar zurückstellen, wird der Sache nicht gerecht. Wenn sie ein Mindestmaß an Einfluss auf den Lauf der Dinge behalten wollen, dann sollten sie schleunigst klare Ansagen machen."

Die Berliner Zeitung ist überzeugt, dass sich der deutschen Bundesregierung Möglichkeiten bieten, "die Entwicklung positiv zu beeinflussen": "Wenn sie wie Obama der Ansicht ist, dass Afghanistan uns alle angeht. Das müssen nicht unbedingt nur militärische Beiträge sein. Die Bundesregierung versteckt sich seit Jahren hinter den Kompetenzen der Bundesländer, die für die Polizei zuständig sind. Seit Otto Schily hat es jeder Bundesinnenminister versäumt, in den Ländern ausreichend um Beamte für die Polizeiausbildung in Afghanistan zu werben. Dabei ließe sich das Debakel vielleicht noch abwenden. Seit Jahr und Tag fordern Experten die Entsendung Hunderter, wenn nicht Tausender von Feldjägern nach Afghanistan. (...) So eine Truppe brauchen die Afghanen, um wenigstens einigermaßen für die Sicherheit im eigenen Land sorgen zu können. Das wäre ein Beitrag, mit dem die Bundesregierung den Obama-Plan tatsächlich unterstützen könnte".

"Muss wirklich erst alles schlimmer werden, bevor es besser wird?", fragt die Hessische/Niedersächsische Allgemeine – und stellt gleich darauf fest: "Die Zustimmung der Bevölkerung zu diesem Krieg, der nicht so genannt werden soll, sinkt stark. Vor wenigen Tagen erst musste Ex-Verteidigungsminister Jung sein Amt räumen, weil er sich nicht für die Folgen des Tanklaster-Bombardements interessierte: Viele unschuldige Tote. Der Verdacht, dass er den Wahlkampf seiner Partei über die Runden retten wollte, steht im Raum. Und nun sollen wir noch mehr Soldaten nach Afghanistan schicken?". Vieles, wenn nicht alles spreche dafür, dass dieser Konflikt mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen ist sei. Daher, so fordert das Kasseler Blatt, solle die Bundesregierung darlegen, "wie sie die Logik dieses immer brutaler werdenden Krieges durchbrechen will".

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf

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