Pressestimmen

Schröder feiert mit Putin "Sensibel wie eine Betonmischmaschine"

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In St. Petersburg feiert Altkanzler Gerhard Schröder seinen Geburtstag nach. Auf der Gästeliste: der russische Präsident Wladimir Putin, der von dem Jubilar mit einer herzlichen Umarmung begrüßt wird. Währenddessen steht die Ukraine am Rande eines Bürgerkriegs. Eine Welle der Empörung rollt durch Deutschland. Nur einen freut's.

Grund der Empörung: die herzliche Umarmung zwischen Schröder und Putin.

Grund der Empörung: die herzliche Umarmung zwischen Schröder und Putin.

(Foto: dpa)

Die Heilbronner Stimme spricht Schröder jegliches politisches Feingefühl ab: "Die Sause für Gas-Gerd hat sein russischer Arbeitgeber Nord Stream ausgerichtet. Dürfte die zwei ziemlich besten Freunde also keine Kopeke kosten. Nett, oder? Mit Beifall hält man sich zu Hause auffallend zurück. Im Gegenteil, man nimmt ziemlich übel. Nun ja, in der Ukraine werden zurzeit deutsche OSZE-Mitarbeiter von Putin-Sympathisanten in Geiselhaft gehalten. Schröders Parteifreund, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, reist als Krisenmanager durch halb Europa und verteidigt die Sanktionen gegen Russland. Denn sein Präsident führt bei der gezielten Zerrüttung der Ukraine Regie. Deshalb herrscht Funkstille zwischen Kanzleramt und Kreml. In dieses Gesamtbild passt die Petersburger Party in der Tat wie die Faust aufs Auge."

Schröder torpediere "nicht nur die Bemühungen der gesamten westlichen Welt, den aus dem Ruder laufenden Putin zu stoppen, er wirft auch dem deutschen SPD-Außenminister, der sich redlich um eine Stabilisierung in der Ukraine bemüht, Knüppel zwischen die Beine", schreibt das Offenburger

Tageblatt und stellt fest: "Dem Ex-Kanzler, der sein Ruhegehalt mit Rubel aufbessert, kann man nur die Sensibilität einer Betonmischmaschine unterstellen. Die Party mit Putin war taktisch unklug und diplomatisch kontraproduktiv."

Dem können die Lübecker Nachrichten nur zustimmen: "Die Posse von St. Petersburg ist vor allem eines: die penetrant inszenierte Instinktlosigkeit eines alternden Polit-Profis und ein offener Affront für die Merkel-Regierung. Kumpel Wladimir, der sich gerne über die Zahnlosigkeit des Westens amüsiert, wird sich diebisch über die gelungene Provo-Aktion freuen."

"Putin lacht sich ins Fäustchen", glauben auch die Nürnberger Nachrichten. Denn "da baut der Westen mühsam eine Drohkulisse auf (…) und einer der wichtigsten europäischen Politiker der vergangenen 20 Jahre scheint davon vollständig unberührt. Das Argument, Schröder sei ein Privatmann, verfängt hier nicht. Ein früherer Regierungschef bleibt immer ein Vertreter seines Landes, wenn auch in abgeschwächter Form."

Mit dem Umarmungsfoto verlasse Schröder eindeutig seine Privatsphäre und durchkreuze die deutsche Außenpolitik. Alles wäre in Ordnung, "würde er wenigstens seinen Einfluss nutzen, um mäßigend auf Putin einzuwirken", schreibt die Pforzheimer Zeitung. Dafür aber gebe es keine Anzeichen. "Und so bleibt Schröders Tun für einen Mann, der vor neun Jahren noch Bundeskanzler war, ein Armutszeugnis."

Der Trierische Volksfreund sieht es gelassen: "Das Verwunderliche ist nicht die Umarmung Gerhard Schröders und Wladimir Putins, sondern der Aufschrei darüber. Jeder weiß doch inzwischen, dass beide dicke Freunde sind. Und dass der SPD-Mann dies gerne mit einer standfesten Attitüde zeigt. Aufregen sollte man sich also nicht mehr."

Auch das Handelsblatt aus Düsseldorf findet, dass die durch Deutschland rollende Empörungswelle teilweise an der Sache vorbeigehe: "Erstens ist es hinlänglich bekannt, dass Schröder den russischen Präsidenten für einen 'lupenreinen Demokraten' hält. Zweitens zieht das Argument, Schröder müsse sich als Bundeskanzler a. D. doch staatstragender verhalten, schon seit Jahren nicht mehr. Er ist Geschäftsmann und handelt eben auch so. Er fährt auf russischem Ticket und muss und will offenbar auch in schwierigen Zeiten für seinen Freund Putin da sein. Wer deshalb gedacht hat, ausgerechnet das Alphatier Schröder würde in der Krise um die Ukraine von seiner Linie abweichen, glaubt noch an den Weihnachtsmann. Die CDU wäre deshalb gut beraten, sich in Zurückhaltung zu üben. Nicht nur, weil ihr Außenpolitiker Philipp Mißfelder auf Einladung der Nord Stream AG mitfeierte."

Quelle: ntv.de

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