Reform der Sicherheitsbehörden "Sinn erschließt sich nicht auf Anhieb"
09.12.2010, 20:41 UhrDie Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube: Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei (BPOL) könnten künftig unter einem Dach zusammenarbeiten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière prüft jedenfalls den entsprechenden Vorschlag einer Expertengruppe. Während er damit bei den Innenministern Bayerns und Berlins, den Gewerkschaften und der Opposition auf teils heftige Kritik stößt, hält die deutsche Presse es offenbar mit Faust.
Zu den Vorschlägen der Werthebach-Kommission für eine Zusammenlegung von Bundespolizei und Bundeskriminalamt meint die Frankfurter Rundschau: "Ach, es klingt nach einem großen Wurf, den der frühere Verfassungsschutzpräsident Eckart Werthebach nun präsentiert hat. Bundeskriminalamt und Bundespolizei sollen fusionieren, rät er. (...) Kompetenzstreitigkeiten, Konkurrenzgerangel, Parallelstrukturen und unnötige Doppelarbeit würden bald der Vergangenheit angehören. Am Personal soll, natürlich, nicht gespart werden, aber die Polizei soll künftig 'noch effektiver' arbeiten. Was man eben so sagt, bevor zwei große Institutionen zu einer noch größeren Einheit zusammengefügt werden. All der Jubel über Synergieeffekte und klare Zuständigkeiten darf nicht verdecken, dass man bestenfalls die Konkurrenz zwischen zwei Polizeibehörden beendet zugunsten des Konkurrenzgerangels innerhalb einer neuen Behörde."
Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung beschränkt sich die Kommission mit ihrer Empfehlung "auf den kleinstmöglichen Vorschlag": "Zusammenlegung dessen, was beim Innenminister ohnehin in einer Hand ist, nämlich Bundespolizei und BKA. Doch selbst dagegen wenden sich im Handumdrehen der bayerische Innenminister Herrmann von der CSU und der Berliner Innensenator Körting von der SPD". Eine breitere Ablehnungsfront könne es in dieser Sache nicht geben, konstatiert das Blatt. "Tatsächlich erschließt sich der Sinn nicht auf Anhieb. Beide Behörden zusammen ergäben einerseits keine flächendeckende Sicherung, stießen sich andererseits jedoch an vielen Stellen mit den Polizeibefugnissen der Länder. Sinnvoller wäre es daher, statt der Zusammenlegung zweier Behörden die Zusammenarbeit aller einschlägigen Behörden voranzutreiben."
Zum Aufschrei der Länder-Innenminister, die lautstark vor einer Mammutbehörde auf Bundesebene warnen, schreibt das Mindener Tageblatt: "Selbstverständlich hüten die Länder argwöhnisch ihre Kompetenzen und fürchten bei jeder Stärkung von Bundesaufgaben sogleich Böses - auch wenn sie andererseits ihren seit Jahren praktizierten Stellenabbau in den eigenen Polizeibehörden nur zu gern von bundespolizeilicher Kollegenhilfe ausgleichen ließen. Ebenso selbstverständlich gibt es Widerstand aus anderen Ministerien und dem Behördenapparat. Und natürlich wird von einschlägigen Bedenkenträgern mit den Schlagworten Super-Polizei oder Bundes FBI gleich das böse Schreckgespenst einer allmächtigen Mega-Polizeibehörde beschworen. Innenminister de Maizière wird vor allem diese Einwände entkräften müssen. Bekäme er tatsächliche eine Organisationsreform hin, die diesen Namen verdient, wäre das ein kleines Wunder".
"Ein durchgreifendes Konzept sieht anders aus. Wobei in der Umsetzung weitere Abstriche zu erwarten sind", ist in der Märkischen Oderzeitung zu lesen. Die Reform stelle den Versuch dar, "auf die gewachsene terroristische Bedrohung zu reagieren, ohne in die Struktur der Bund-Länder-Beziehungen grundsätzlich einzugreifen; was ohnehin nur mit einer Verfassungsänderung ginge, für die keine Mehrheit in Sicht ist". Für die Zeitung aus Frankfurt/Oder ist klar: "Mehrgleisig und pannenträchtig geht's weiter auch bei der Sicherheit".
"Diese Reform darf keine um ihrer selbst willen sein", gibt der Reutlinger General-Anzeiger zu bedenken. "Sie muss mehr Effizienz statt Kompetenzgerangel, weniger Reibungsverluste und die Abschaffung von Doppelstrukturen zum Ziel haben. Dass es in einzelnen Ländern wie Bayern Widerstände geben wird, weil sie Eingriffe in die eigene Souveränität fürchten, zeigt schon, wie wichtig diese Zusammenlegung ist. Hier geht es nicht darum, sich Erbhöfe zu erhalten, sondern um eine möglichst schlagkräftige Polizeibehörde."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke