Pressestimmen

Terror-Test in Windhuk "So viel geballte Ahnungslosigkeit"

Viel Aufregung gab es um einen verdächtigen Koffer, der sich nun als Attrappe entpuppt. Ein Sicherheitstest könnte es gewesen sein. Wer die Test-Bombe platzierte, ist unklar. Der Innenminister und sein Gefolge tappen weiter im Dunkeln. Na dann "gute Nacht, wenn der Gotteskrieger wirklich mal anrückt", wünscht die Presse.

Ob auf Weihnachtsmärkten, Flughäfen oder Bahnhöfen: Polizei ist wachsam.

Ob auf Weihnachtsmärkten, Flughäfen oder Bahnhöfen: Polizei ist wachsam.

(Foto: REUTERS)

Seit Innenminister Thomas de Maizière am Mittwoch die Warnungen vor eventuellen Terroranschlägen in Deutschland Ende November in die Öffentlichkeit gebracht habe, rechtfertige er sich dafür, stellt die Tageszeitung fest. Doch "helfen seine Erklärungen überhaupt nicht weiter", urteilt das Blatt aus Berlin und weiter: "Die Bevölkerung solle so weiterleben wie bisher, sagt der Minister. Danke, das hätten wir wohl ohnehin getan. Angesichts der neuen Lage habe er nicht anders gekonnt, als die Öffentlichkeit zu informieren, heißt es überall. Warum eigentlich?"

Erst Riesen-Alarm - und dann entpuppt sich die Bombe von Namibia als Rohrkrepierer, beurteilt die Nordsee-Zeitung den Fehlalarm und befürchtet, dass sich die "Test-Bombe" für Innenminister de Maiziere durchaus noch "als Sprengsatz entpuppen" könnte. Denn: "Wenn wir uns am Ende von so viel geballter Ahnungslosigkeit beschützt fühlen sollen, dann gute Nacht, wenn der Gotteskrieger wirklich mal anrückt", kommentiert das Blatt aus Bremerhaven.

Innenminister Thomas de Maizière profiliere sich im Sirenengeheul des von ihm ausgelösten Terroralarms als Mann praktischer Vernunft, schimpft die  Frankfurter Allgemeine Zeitung und präzisiert: Kaum habe er die Bevölkerung zur Wachsamkeit aufgerufen und von konkreten Ermittlungsansätzen der Sicherheitsbehörden berichtet, kaum waren überall im Lande schwerbewaffnete Polizisten in kugelsicheren Westen aufgeboten, riet er zur Gelassenheit und warne nun vor Hysterie. Dabei solle man "Fakten betrachten, nicht Spekulationen, mahnt das Blatt. "Das gilt in dieser Lage auch für Landesminister, die jeden Tag neue Großstädte und Großveranstaltungen als mögliche Anschlagsziele ins Gespräch bringen. Zwischen Hamburg und München ist nun jede Großstadt genannt, jeder Weihnachtsmarkt erwähnt worden. Am Ende steht fest: Niemand weiß Genaues."

Natürlich können auch staatlicherseits oder von Fluggesellschaften organisierte Bombenattrappen ein Mittel sein, um die Aufmerksamkeit zu testen und zu erhöhen, konstatiert Der neue Tag aus Weiden und warnt: "Solche Experimente dürfen nie entgleiten. Wenn Namibia ein Test war initiiert von wem auch immer dann hätte es spätestens nach der Aufdeckung Entwarnung geben müssen: Fund bestätigt, Test bestanden. Alles andere ist ein gefährliches, fahrlässiges Spiel mit den Nerven von Sicherheitskräften, Passagieren und der Bevölkerung."

Die Sicherheitspolitiker müssen aufpassen, dass sie nicht nur bedeutungsschwere Terror-Andeutungen machen und damit womöglich ungewollt Ängste und vielleicht sogar Hysterie schüren, mahnen die Lübecker Nachrichten. Allerdings gelte auch auf diesem brisanten Feld der Grundsatz: "Lieber einmal umsonst alarmieren als gar nicht. Nicht auszudenken, wenn an Bord der Maschine nach München wirklich ein Sprengsatz zur Explosion gebracht worden wäre. Islamistische Terroristen vom Schlage der Al-Kaida setzen keine Attrappen ein, sondern ihre Anschläge sind bitterer Ernst."

Die Terroristen hätten auch dann schon gewonnen, schreibt die Stuttgarter Zeitung, wenn sie nur drohen müssten, um diese Gesellschaft verändern zu können: "De Maizière hatte recht mit seiner Mahnung, unsere freiheitliche Lebenskultur trotz der Herausforderung beizubehalten. Genau das beginnt freilich mit der Sicherheitspolitik. Die Fahnder verfügen darüber, was sie im Kampf gegen den Terror benötigen, und sie haben mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet. Absolute Sicherheit kann kein Staat der Welt seinen Bürgern garantieren, die autoritären Polizeistaaten noch weniger als die freiheitlichen Demokratien. Die Bürger haben es besser begriffen als manche Politiker."

Es gebe allen Grund, den deutschen Sicherheitsbehörden zu vertrauen, konstatieren die Badische Neueste Nachrichten: "Doch gerade die Polizei kommt so langsam an den Rand ihrer Kräfte. Hier ist die Politik zum Handeln aufgefordert", fordert das Blatt aus Karlsruhe. Denn: "Stellenabbau und Sparkurs bei der Polizei wie auch bei den Nachrichtendiensten vertragen sich nicht mit den aktuellen Herausforderungen, genauso wenig die Auslagerung von Kontrollfunktionen an private Anbieter."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Diana Sierpinski

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