EU verhängt Sanktionen gegen Russland "Soll das etwa Putin beeindrucken?"
17.03.2014, 21:56 Uhr
Nach dem umstrittenen Referendum auf der Krim macht die EU ernst mit den angedrohten Sanktionen gegen Russland. Sie verhängt Kontensperrungen und Einreiseverbote für 21 Politiker aus Russland und der Ukraine. Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen glauben nicht, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen werden. Für sie ist Moskau ganz klar in der Übermacht.
"Die USA und die EU haben wachsweiche Sanktionen beschlossen und die Vermögen von halbwichtigen russischen Politikern und Diplomaten eingefroren. Soll das etwa Wladimir Putin beeindrucken?", fragt die Frankfurter Rundschau. Sie meint: "In der heißesten Phase der Maidan-Proteste waren drei europäische Außenminister nach Kiew gereist und hatten mit den unterschiedlichsten Kräften verhandelt. Frank-Walter Steinmeier und seine Kollegen sollten wieder gen Osten aufbrechen, nach Moskau. Die Zukunft der Krim entscheidet sich dort."
"Würde das Referendum anerkannt, könnte die Einmischung in andere Länder bis hin zur eigenmächtigen Verschiebung von Staatsgrenzen zur Gewohnheit werden. Darum muss Moskau deutlich klar gemacht werden, dass es zu weit gegangen ist", meint die Wetzlarer Neue Zeitung. "Die bisherigen Sanktionen werden sich jedoch als stumpfes Schwert erweisen. Die Maßnahmen waren schon so lange angekündigt, dass die Konten inzwischen ohnehin abgeräumt sein dürften. Spürbarer könnten Wirtschaftssanktionen sein."
Auch die Heilbronner Stimme ist der Ansicht: "Nur wenn es gelingt, spürbare Sanktionen gegen die russische Wirtschaft zu verhängen, ist ein Umdenken Putins in der Krim-Frage vorstellbar." Sie stellt jedoch fest: "Das wird den europäischen Unternehmen ebenfalls Schwierigkeiten bereiten. Vor allem deutsche Firmen pflegen deutlich engere Beziehungen in das riesige Land als etwa amerikanische. Deshalb muss gerade die Bundesrepublik nun die Führung beweisen, die Bundespräsident und Außenminister kürzlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz angekündigt haben und die der deutschen Bedeutung in der EU entspricht."
Für die Ulmer Südwest Presse liegt das Problem nicht nur in der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Westens: "Politik ist kein Kinderspiel, wo derjenige, der eine Sandburg zerstört, eine Zeit lang ausgeschlossen werden kann. Putin weiß das nur zu gut. Ohne Russland lässt sich in vielen Krisenregionen keine Lösung finden. Syrien zeigt augenblicklich am besten den langen Arm des Kremls. Diese politischen Kosten muss der Westen bei wirksamen Drohungen einbeziehen. Im Moment - oder anders gesagt: auf die Krim bezogen - sind sie zu hoch."
Das Badische Tagblatt vermutet ebenfalls, dass die "zahme Reaktion des Westens nicht nur dem Wissen um die komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge geschuldet ist". Sie ist der Ansicht: "Objektiv betrachtet hat sich Putin über geltendes Recht hinweggesetzt. Daran gibt es nichts zu deuteln. Für den nun entstandenen Scherbenhaufen ist er jedoch nicht allein verantwortlich. Schon bevor man Janukowitsch aus der Ukraine gejagt hat, haben die EU und besonders die USA wenig Sensibilität an den Tag gelegt, wenn es darum ging, das einstige 'Reich des Bösen' zurechtzustutzen oder auch nur in Entscheidungen einzubeziehen."
Auch das Düsseldorfer Handelsblatt sieht Russland in "einer komfortableren Situation" als den Westen: "Denn der Westen ist in der Pflicht, die fragile und wohl nur von rund der Hälfte der Bevölkerung gewollte neue Regierung der Ukraine zu stützen. Das wird politisch sehr schwierig und in Anbetracht des rapiden wirtschaftlichen Niedergangs der Ukraine sehr teuer."
Zusammengestellt von Laura Kleiner
Quelle: ntv.de