Pressestimmen

Ehegattensplitting für Homo-Ehen "Splitting wird zum Relikt"

Familienministerin Schröder wagt den Vorstoß zur steuerlichen Gleichstellung der Homo-Ehe.

Familienministerin Schröder wagt den Vorstoß zur steuerlichen Gleichstellung der Homo-Ehe.

(Foto: dapd)

Familienministerin Schröder fordert die steuerliche Gleichstellung von Homo-Paaren mit der Ehe. Zwar sträubt sich die CSU, doch immer mehr Abgeordnete befürworten das Ehegattensplittung für Homosexuelle. Dabei liegt für viele die Ungerechtigkeit gar nicht in der Ungleichbehandlung von homo- und heterosexuellen Ehen. Die Presse diskutiert.

"Echten Konservativen kann das nicht gefallen", kommentiert das Straubinger Tagblatt den Vorstoß von Familienministerin Kristina Schröder, das Ehegattensplitting auf Homo-Ehen auszuweiten. Schröder "bescheinigt schwulen und lesbischen Paaren, sie lebten konservative Werte. Dies begründet sie damit, dass sie dauerhaft Verantwortung füreinander übernähmen. Das ist sicher richtig", schreibt die Zeitung. "Dennoch ist das nur eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass so die Ehe als die Kernzelle der konservativen Gesellschaft ausgehöhlt wird. Schröders Ansatz ist der Versuch, Konservativismus und Zeitgeist, die sich eigentlich widersprechen, miteinander zu versöhnen."

Anderer Ansicht ist die Frankfurter Rundschau. Ihr zufolge wäre es gerechter, das Ehegattensplitting ganz abzuschaffen. "Den Vorteil können vor allem Paare mit einem Spitzenverdiener genießen. Es trägt dazu bei, dass sich für einen Partner der Wiedereinstieg in den Beruf nicht lohnt, weil für ihn oder sie in der schlechteren Steuerklasse nichts übrig bleibt vom Verdienst. Es trägt dazu bei, dass für diese Partner Minijobs attraktiv sind trotz Taschengeldlohn und gravierender Nachteile bei der Sozialversicherung."

Auch der Berliner Tagesspiegel sieht den Vorstoß der Familienministerin kritisch. "Den Grad der Gleichbehandlung der Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft ausgerechnet am Ehegattensplitting messen zu wollen, ist falsch. Denn dort, wo die Keimzelle des Lebens immer weniger mit der Ehe begründet wird, da verfällt die Begründung des Staates zur steuerlichen Subventionierung des Trauscheins. Das Splitting wird zum Relikt einer längst vergangenen gesellschaftlichen Realität. Denn es unterscheidet nicht zwischen Familien mit Kindern und der kinderlosen Ehe, es untergräbt im schlimmsten Fall sogar die Bemühungen eines Partners, sich mit eigener Arbeit ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen."

Die Kölner Rundschau warnt Grüne und SPD davor, Schröders Idee als Lernprozess im Regierungslager zu begrüßen. "Die Durchsetzung der Forderung nach Abschaffung des Splittings ist damit schwieriger, wenn nicht unmöglich geworden. Erstens, weil das Argument wegfällt, es fördere einseitig die altmodische 'Hausfrauenehe'. Zweitens, weil nun eine in ihren Kreisen wichtige Gruppe davon profitiert. Vielleicht sind konservative Ministerinnen ja manchmal listiger, als die Linken ihnen unterstellen."

"Die Strategie geht auf, die SPD und Grüne während ihrer Regierungszeit im Bund anlegten", schreibt die Stuttgarter Zeitung. Sie hält die Initiative von 13 CDU-Abgeordneten und Kristina Schröder zur steuerlichen Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften für einen Schritt in die richtige Richtung. "Auch das wird nur ein Übergang sein. Am Ende wird es zu einer völligen Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Partnerschaften kommen."

"Die Gesellschaft ist weiter als die Union", meinen die Nürnberger Nachrichten. Wenn nicht die Regierung handelt, dann eben das Bundesverfassungsgericht, schreibt die Tageszeitung: "Es wird nicht mehr lange dauern, dann ergeht aus Karlsruhe ein entsprechendes Urteil. Wo die Regierung doch längst hätte wissen sollen, wie sehr Handeln geboten ist. Es wird die Aufgabe von CDU und vor allem CSU sein, dies den widerstrebenden Teilen ihrer Wählerschaft zu vermitteln, für die Homosexualität teils offensichtlich immer noch eine Art Krankheit ist. Wer sonst, wenn nicht die CSU, könnte in dieser Hinsicht für mehr Toleranz werben. Sich aus Angst vor Stimmenverlusten um eine Entscheidung zu drücken, das wäre feige."

Das Delmenhorster Kreisblatt gratuliert Schröder zum "Tabubruch". Als einen solchen bezeichnet das Blatt den CDU-Vorstoß, mit dem die Abgeordneten "eine steuerliche Gleichbehandlung zwischen Homopaaren und Eheleuten fordern. Sie zeigen damit, dass sie in der modernen Gesellschaft angekommen sind und setzen sich aktiv für Gleichberechtigung ein."

Das Thema Ehegattensplitting für Homo-Paare passt Angela Merkel hervorragend ins Wahlkampfkonzept, kommentiert die Süddeutsche Zeitung. "Normalerweise tragen Konservative das Prinzip 'gleiche Pflichten - gleiche Rechte' wie eine Monstranz vor sich her. Doch beim Umgang mit Lebenspartnerschaften verstoßen sie skandalös dagegen." Anders sehe das jedoch die Bundeskanzlerin: "Eine Abkehr von der anachronistischen Haltung zu Lebenspartnerschaften dürfte aber auch Angela Merkel gefallen. Viele Christsoziale mögen den Anblick knutschender Männer noch immer abschreckend finden; der protestantischen Akademikerin aus dem Osten sind derlei Gefühle fremd. Die Kanzlerin umarmt ihre Gegner gerne so innig, bis denen die Luft ausgeht."

Die Rhein-Zeitung kritisiert die Haltung der der steuerlichen Gleichstellung von Homo-Paaren negativ gegenüberstehenden Teilen der CDU/CSU: "Die von vielen als überfällig angesehene Gleichstellung von eingetragenen Lebensgemeinschaften im Steuerrecht könnte offenbaren, dass die Union, auch in der Familienpolitik, doch konservativer ist, als manche Vorstöße und Beschlüsse zunächst glauben machen wollen. Die CDU würde zwar ihr Verständnis von Ehe öffnen, sich dabei aber gleichzeitig eines tradierten Instrumentes bedienen: des Ehegattensplittings, das die traditionelle Einverdiener-Ehe fördert."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Isabelle Daniel

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen