Pressestimmen

Enthüllungen über Steueroasen Steuerfahnder würden verlieren

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Mithilfe von Briefkastenfirmen und sogenannter Trusts sollen Reiche große Vermögen vor dem Fiskus verschleiert haben. Doch internationale Medien erhalten umfangreiche Datensätze über die Geschäfte in zahlreichen Steueroasen. Journalisten aus aller Welt veröffentlichen die Tricks. Doch welche Folgen die Enthüllungen nun haben könnten, darüber sind sich die Kommentatoren der deutschen Presse uneinig.

Die Welt ist sich zwar sicher: Steuerhinterziehung müsse bestraft werden. "Das Datenmaterial hat allerdings eine Wucht, die schnell ins Inquisitorische kippen kann. Am Ende ist jeder, der mit Geld und Wirtschaft zu tun hat, verdächtig, weil 'reich' fast zum Synonym für 'kriminell' geworden ist. Es wird nicht leicht, diesem konzertierten Enthüllungs-Coup einen konstruktiven Impuls zu geben. Im besten Falle wäre es eine globale Stunde null bei gleichzeitiger Neujustierung der Kontrollmechanismen des internationalen Geldflusses. Wenn man bedenkt, dass nicht einmal das Steuerabkommen mit der Schweiz zustande kam, dann lässt sich erahnen: Hier liegt noch ein langer Weg vor uns."

Journalisten aus aller Welt werteten unzählige Dokumente über die Geschäfte in Steueroasen aus.

Journalisten aus aller Welt werteten unzählige Dokumente über die Geschäfte in Steueroasen aus.

(Foto: dpa)

Die Berliner Zeitung sieht wenig Raum für konkrete Folgen: "Es ist nicht zu bestreiten, dass selbst ein hochgerüstetes Heer - inklusive Kavallerie - von Steuerfahndern den Kampf gegen die Steuervermeidung unweigerlich verlieren müsste. Denn ihre Gegner sind gerade keine landesüb lichen Ganoven, die beim Bruch der Steuergesetze Kopf und Kragen riskieren, sondern hoch qualifizierte Experten, die sich nicht auf ihre kriminelle Energie verlassen, sondern auf die Gesetze berufen. Ihr Ziel ist nicht die Steuerersparnis, sondern möglichst die komplette Steuervermeidung ihrer Klienten - vollkommen legal, denn die systematische Nutzung von Schlupflöchern in den Gesetzen ist legal."

Das Handelsblatt fürchtet schwerwiegende Folgen für das legale Geschäft in den betroffenen Ländern. "Ehrliche Kunden werden - je mehr über illegale Praktiken bekannt wird - abgeschreckt, ein Konto in einem Offshore-Zentrum zu unterhalten oder neu zu eröffnen. Für die EU-Staaten und die USA zeigt die internationale Datensammlung allerdings, dass der Kampf gegen Steuerhinterziehung noch nicht gewonnen ist. Es wird darauf ankommen, dass die Industrieländer beharrlich über die OECD die Durchsetzung internationaler Standards vorantreiben. Das ist mühsam. Ein Erfolg ist schon jetzt, dass Steuerhinterziehung weltweit geächtet ist."

Das Delmenhorster Kreisblatt wertet die neuen Erkenntnisse als ein positives Zeichen: "Bei allem Entsetzen über das Ausmaß der systematischen Steuerhinterziehung: Es ist beruhigend zu wissen, dass sich solche dunklen Machenschaften in einer vernetzten Welt kaum noch geheim halten lassen. Wie schon bei den Steuer-CDs kann auch hier ein kleines Datenleck ein ganzes System ins Wanken bringen."

Die Nürnberger Nachrichten zeigen sich von den Enthüllungen über die Steueroasen dagegen weniger beeindruckt: "Plötzlich fordert von links bis rechts jeder, dass jetzt aber wirklich Schluss mit Steuerbetrug sein müsse. Gut gebrüllt, liebe Wahlkämpfer, nur hättet ihr schon genug Gelegenheiten gehabt, Steuerparadiese zu schließen. Neu ist die Erkenntnis, dass Geld unerreichbar für den deutschen Fiskus in ausländischen Tarnfirmen verschwindet, nun wirklich nicht. Nur das Ausmaß der 'Offshore-Leaks-Affäre' kann vielleicht noch erschrecken - und die Tatenlosigkeit, mit der die Politik weltweit dem finanziellen Ausbluten ihrer Länder zusieht."

Quelle: ntv.de

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