Pressestimmen

Organspendeskandal "Strafen sind schnell gefordert"

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Ärzte missbrauchen ihren Einfluss und versorgen ihre Patienten schneller mit Spenderorganen als es ihnen eigentlich zusteht – indem sie ihren Patientenakten dramatisieren. Wie wirkt sich dieser Skandal auf die Spenderbereitschaft aus? Welche Konsequenzen muss die Politik ziehen? Die Presse diskutiert.

Die Heilbronner Stimme zeigt sich besorgt, weil die Organspende ohnehin ein "unangenehmes Thema" ist: "An den Tod denkt niemand gerne, und die Vorstellung, die eigene Leber oder Niere könnte in einem anderen Menschen arbeiten, bleibt unheimlich", schreibt das Blatt und erinnert an "Frankensteins Labor" und "den Mensch als Ersatzteillager". Diese Assoziationen sind laut dem Blatt der größte Feind der rund 12.000 Schwerkranken, die auf ein Organ warten. "Die Entscheidung, Organe nach dem Tod weiterzugeben, ist eine schwierige und angstbesetzte. Noch viel schwerer wiegt die Verantwortung, müssen Angehörige sie treffen. Zweifel daran, dass bei den Transplantationen alles mit rechten Dingen zugeht, sind durch den Skandal in Göttingen und Regensburg bestätigt."

Ähnlich dramatisch sieht das auch die Westdeutsche Zeitung: "Was aus Göttingen und Regensburg an die Öffentlichkeit dringt, ist atemverschlagend", schreibt das Blatt: "Aus reinem Profitstreben, man kann es auch Gier nennen, war offenkundig zumindest ein Arzt bereit, Organe spendablen Patienten zu geben." Damit habe er das Vertrauen der Spender schlicht verkauft und dem ganzen System einen riesigen Schaden zugefügt. Der Skandal ist laut der Zeitung ein Rückschlag für alle, die mit sehr gutem Recht für Organspenden werben. "Doch es wäre falsch, jetzt nach härteren Gesetzen zu rufen. Es kommt auf wirksame Kontrollen an."

Auch der Tagesspiegel ruft nach zusätzlichen Kontrollen. Es sei verständlich, dass ein Arzt für seine Patienten ein Organ ergattern will, schreibt das Blatt. "Das altruistische Prinzip der Organspende funktioniert jedoch nur, wenn sich alle an die Regeln halten. Kontrolle von außerhalb kann das erleichtern." Bei der Frage, welcher Patient auf die Warteliste für ein Organ kommt, sollte laut dem Tagesspiegel zukünftig ein Kollege eines anderen Transplantationszentrums als Gutachter hinzugezogen werden. "Erst wenn dieser die Entscheidung abnickt, ist sie gültig."

Der Wiesbadener Kurier sieht das ähnlich und warnt wie die Westdeutsche Zeitung vor der Versuchung auf härtere Strafen zu setzen: "Wenn die Aufsicht in den Kliniken versagt hat, wenn Manipulationen durch Einzelne auf der Warteliste so leicht gemacht wurden, führt kein Weg an einer besseren - auch staatlichen - Kontrolle vorbei." Härtere Strafen für Täter sind schnell gefordert. Wichtiger wäre es laut dem Blatt aber, die Taten gleich zu verhindern.

Das Mindener Tageblatt warnt dabei vor institutionellen Konflikten: "Ob die bisherige Organisationsform in privater Hand der Weisheit letzter Schluss ist, erscheint angesichts der jüngsten Ereignisse doch eher fragwürdig", schreibt die Zeitung. "Mehr staatliche Aufsicht scheint unausweichlich. Das sollten Mediziner und Gesundheitsbehörden gemeinsam klären - zügig und mit dem klaren Ziel, eindeutige Verantwortlichkeiten ebenso zu ermöglichen wie wirkungsvolle Kontrollen." Dass die Organspende gerade zu einem Zeitpunkt in Verruf gerät, an dem die Spendebereitschaft im Interesse der Leidenden massiv gefördert werden sollte, findet die Zeitung bitter. "Umso mehr Anlass für Politik und Medizin, an einem Strang zu ziehen, statt sich in institutionelle Konflikte zu verirren."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Issio Ehrich

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