Debatte um Hafturlaub für Verbrecher "Strauß hätte seine Freude"
10.04.2012, 22:31 UhrVolkmar Schöneburg, der Justizminister Brandenburgs, will den Resozialisierungsgedanken fördern und Hafturlaub schon nach fünf statt bisher nach zehn Jahren gewähren. Die Pläne sind umstritten. Die Polizeigewerkschaft vermutet Kostengründe und kritisiert: "Die Bevölkerung darf keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt werden." Ist der Vorstoß sinnvoll oder ungerecht? Auch die Presse diskutiert kontrovers.

Hafturlaub nach zehn oder schon nach fünf Jahren - das ist die Frage.
(Foto: picture alliance / dpa)

Hafturlaub nach zehn oder schon nach fünf Jahren - das ist die Frage.
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Wenn vom Urlauber keine Gefahr mehr ausgeht, sei das vernünftig, findet die Frankfurter Rundschau. "Entgegen aller Gruselmärchen neigt der Mann, der seine Frau nach dreißig Ehejahren im Zorn erschlug, nicht zum Rückfall", meint der Kommentator. Dieser Mördertyp komme zwar in der öffentlichen Darstellung kaum vor, aber er sei die Regel.
Der Vorschlag kommt von der Linken, "deshalb wird er besonders gern geprügelt", schreiben die Nürnberger Nachrichten. Die Zeitung aus Franken bedauert besonders, dass "ein paar kurze Sätze der Empörung reichen, um den Vorschlag abzuschmettern, der keineswegs nur vom brandenburgischen Justizminister kommt". In der Diskussion werde so getan, "als sei es beschlossene Sache". Eine Debatte über eine solche Reform dürfe doch wohl erlaubt sein. Und wenn man sich dazu entschließen sollte, "dann muss penibelst geprüft werden, wer wirklich Freigang erhält", rät der Kommentar. "Heikle Experimente sind auszuschließen."
Der Bonner General-Anzeiger schreibt: "Für den Bürger ist es ohnehin schwer verständlich, dass 'lebenslang' in der Bundesrepublik in aller Regel 15 Jahre heißt." Die Zeitung erinnert auf die Schwierigkeiten, Schwerstverbrecher nach der Haft in Sicherheitsverwahrung zu nehmen. Die Verunsicherung der Bürger darüber habe sich gerade erst gelegt, "da kommt die nächste um die Ecke."
Die Augsburger Allgemeine verweist an die bereits bestehenden Unterschiede zwischen den Bundesländern. "Ob ein Mörder seinen Mord in München begangen hat oder in Magdeburg, macht schon jetzt einen Unterschied." So sitze er in München im Regelfall jetzt schon länger als in anderen Bundesländern. Mit einer Reform des Hafturlaubs würde sich diese Kluft noch verstärken. Doch etwas Positives ringen die Kommentatoren der Diskussion doch noch ab. An der kategorischen Art, mit der sich die bayerische Justizministerin Beate Merk "den von zehn anderen Bundesländern geplanten Hafterleichterungen widersetzt, hätte Franz-Josef Strauß seine Freude gehabt, für den Bayern immer das Texas der Deutschen war - nämlich im Zweifel unnachgiebig und kompromisslos".
Der Grundsatz der Resozialisierung sei zeitgemäß und vernünftig, schreibt die Märkische Oderzeitung. Doch Schöneburg schieße über das Ziel hinaus. "Resozialisierung sollte sich zunächst einmal nicht im unbegleiteten Urlaub, sondern vor allem hinter den Gefängnismauern abspielen." Für Schwerverbrecher wie Mörder soll es zwar eine Perspektive für ein Leben nach der Haftzeit geben. Urlaub nach fünf Jahren darf dabei aber keine Option sein. "Dann käme der Sühnegedanke zu kurz und die Bevölkerung würde womöglich einer erhöhten Gefahr ausgesetzt."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Christian Rothenberg