Pressestimmen

Streit um Roma-Politik "Super-Sarko wird zum Enfant terrible"

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(Foto: AP)

Die Presse ist über Sarkozys Äußerungen zur Roma-Politik ebenso empört wie Brüssel selbst. Er mache Positionen der extremen Rechten hoffähig. Dabei wollte der französische Präsident den innenpolitischen Druck mindern und nimmt dabei einen großen außenpolitischen Schaden.

Mit seinen politischen Ansichten über die Roma stehe Nicolas Sarkozy in Europa allein auf weiter Flur, beobachtet die Volkstimme und bewertet dies mit einem "gut so". "Denn selbst wenn diese Politik nicht gegen geltendes Recht verstoßen sollte, so ist sie doch moralisch höchst zweifelhaft." Auch wenn die EU-Kommissarin Reding Sarkozys Politik in unsäglicher Weise mit Nazi-Methoden verglich, habe sich der französische Präsident laut dem Blatt aus Magdeburg "verrannt". Sarkozy verspüre auf Grund seiner Rentenreform und zahlreicher Regierungsskandale einen innenpolitischen Druck, welchen er mit den Roma-Abschiebungen lindern wolle. Der innenpolitische Beifall für Sarkozys Maßnahmen ändere aber nichts an dem großen außenpolitischen Schaden. "Statt stur zu bleiben, sollte Sarkozy einlenken. So kann er den Weg frei machen für eine sachliche Diskussion über die zweifelsfrei schwierige Frage, wie Roma besser integriert werden können."

Die Frankfurter Rundschau bewertet Sarkozys Roma-Politik nicht nur als einen "Fehltritt". Vielmehr noch: Sie bringe "das komplizierte Wertegefüge Europas ins Wanken". Schon immer sei Europa über die Grundsatzfrage nach dem Umgang mit religiösen und ethnischen Minderheiten uneins gewesen. Doch entscheide gerade diese Frage "über die Zukunft des multinationalen Europa". So meint das Blatt, dass der Streit zwischen Paris und Bukarest "deshalb noch weit mehr Sprengstoff (habe) als vor zehn Jahren der Streit der westlichen EU-Länder mit Österreich, das als erstes europäisches Land die radikale Rechte mitregieren ließ und so den Konsens im Umgang mit dem Nationalsozialismus aufweichte."

Die Süddeutsche Zeitung wirft einen Blick zurück auf Nicolas Sarkozys Karriere: "Es ist keine zwei Jahre her, da galt Nicolas Sarkozy als Held in Europa. Er rettete als EU-Ratspräsident, mit deutscher Hilfe, den Reformvertrag von Lissabon. Er vermittelte im Konflikt zwischen Russland und Georgien. Er ließ die Europäische Union ungewohnt rasch in der Weltfinanzkrise reagieren." Doch in den Augen der Öffentlichkeit habe Frankreichs Präsident seitdem "eine schlimme Metamorphose durchgemacht. Super-Sarko ist zum Enfant terrible geworden und macht in dieser Rolle Silvio Berlusconi Konkurrenz." Der Disput auf dem EU-Gipfeltreffen über den Umgang mit den Roma zeige "grell den Ansehensverlust Sarkozys. Doch er demonstriert noch mehr: eine Schwindsucht des europäischen Geistes sowie das Erstarken von Populismus und Nationalismus."

Die Landeszeitung Lüneburg erinnert daran, dass den Franzosen die Herkunft von Sarkozy gleich gewesen sei, als dieser zum Präsidenten gewählt wurde. Und das sei kein Zufall: "Der Sohn eines ungarischen Vaters und einer griechischstämmigen Mutter sollte schließlich Frankreich regieren, das Vaterland der Menschenrechte und die Heimat vieler geglückter Integrationsbiographien." Nun sei es "umso perfider", dass ausgerechnet dieser Sohn de "fremdenfeindlichen Super-Flic gibt, um die Affäre um illegale Spenden vergessen zu lassen, in die er verheddert ist". Der Präsident mache damit "die Positionen der extremen Rechten hoffähig, um am Ende doch beim Wettstreit um die radikalsten Parolen zu unterliegen. Was bei Sarkozys Stimmenfang im Trüben ungelöst bleibt, sind die Integrationsprobleme der Roma, die es nicht nur in Frankreich gibt."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger

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