Pressestimmen

TV-Duell "Szenen einer strapazierten Polit-Ehe"

Am Sonntagabend treten Kanzlerin Angela Merkel und ihr Herausforderer Frank-Walter Steinmeier in einem TV-Duell gegeneinander an. Gute Einschaltquoten sind gesichert, aber was ist von einem Aufeinandertreffen zweier Koalitionspartner zu erwarten? Nicht viel, so die Meinung der Presse. Ein mitreißender Schlagabtausch wird eher ausbleiben.

Sehen so zwei aus, die streiten wollen?

Sehen so zwei aus, die streiten wollen?

(Foto: dpa)

Der Nordbayerische Kurier analysiert haarscharf: "Zwar werfen die beiden nicht mehr mit Wattebäuschchen aufeinander, wer aber auf fetzige Streitereien wie in Vorabend-Soaps hofft, sollte seine Erwartungen zügeln. Dazu sind die Beiden zu distinguiert." Aber über ihre in vier Jahren gemeinsam gestaltete Politik "können sie sich auch schlecht in die Haare kriegen. Nein, ein echter Thriller braucht einen Bösewicht, einen Anti-Helden, doch die Opposition darf nicht rein in das TV-Event. Erleben werden wir also ein Psychodrama: Szenen einer strapazierten Polit-Ehe. Wiederholung nicht ausgeschlossen."

Weder Merkel noch Steinmeier hätten es bisher geschafft "Pfeffer in den Wahlkampf zu bringen". Und der Westfälische Anzeiger aus Hamm ist sich sicher, "dass diese allzu vornehme Zurückhaltung auch den Sonntagabend beherrschen dürfte." Das TV-Duell werde so zu einem Kampf "zweier Gladiatoren, die sich selbst in der Arena noch verschonen: aus Eigennutz und im Bewusstsein, den Gegner vielleicht doch zum eigenen politischen Überleben brauchen zu müssen." Aus der Zuschauerperspektive heraus wünscht sich das Blatt aber eindeutig: "Es darf ein bisschen mehr und auch ein bisschen schärfer sein."

"Die Duellanten sind zur verbalen Blutgrätsche kaum fähig", urteilt auch die Rhein-Neckar-Zeitung. "Aber sie müssen, jeweils auf ihre Art, unbedingt punkten. Ein Duett darf die Veranstaltung nicht werden." Und während Merkel "auf präsidiale Weise den Kanzlerbonus" ausspielen wird, ist Steinmeier "die Rolle des Angreifers zugeschrieben". Vor einem Millionenpublikum wird der Vize-Kanzler versuchen "den Beweis für die SPD-Behauptung zu erbringen, dass die Kanzlerin nicht führen kann. Und dass Schwarz-Gelb als Problemlösungs-Modell nicht geeignet wäre. Daraus läuft es hinaus. Dieser Offensivstrategie dient bereits der Coup im Vorfeld, eine weltweite Finanzmarktsteuer einführen zu wollen. Klingt gut. Aber auf die notwendige Zustimmung der Welt werden wir wohl warten müssen."

"Wer als Journalist oder Zuschauer auf Krawall gebürstet ist, wird bei Merkel oder Steinmeier nicht so richtig auf seine Kosten kommen. Denn warum", fragt die Märkische Allgemeine, "sollten zwei aufeinander einschlagen, die sich von dem, was sie vier Jahre lang gemeinsam vertreten haben, nicht einfach verabschieden können? Und die das, wenn's dumm läuft, auch noch vier weitere Jahre fortsetzen müssen. Die jüngste Regierungserklärung zu dem von einem Bundeswehroffizier angeforderten Luftschlag in Afghanistan hat das - Wahlkampf hin oder her - erneut verdeutlicht. Das ist weder der Kanzlerin noch dem Außenminister vorzuwerfen. Unglaubwürdig würde doch nur der, der sich von den gemeinsamen Beschlüssen verabschiedete, um auf einer "Nie-wieder-Krieg"-Wahlkampfklaviatur billig Punkte einzusammeln."

Zusammengestellt von Katja Sembritzki

Quelle: ntv.de

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