Meldestelle für Benzinpreise startet "Teures und nutzloses Spielzeug"
12.09.2013, 21:09 Uhr
Sie steigen und sinken unberechenbar und sorgen für Unmut bei den Autofahrern: die Benzinpreise an Deutschlands Tankstellen. Jetzt startet das Bundeskartellamt die "Markttransparenzstelle für Kraftstoffe". Sie soll es Autobesitzern ermöglichen, Preise zu vergleichen. Die Presse ist skeptisch und glaubt nicht an die Wirksamkeit der Einrichtung.
"Am Preisniveau insgesamt wird die neue Transparenz gar nichts ändern", meint das Flensburger Tageblatt und begründet: "Anders als beispielsweise bei Elektroprodukten, bei denen übers Internet Preistransparenz hergestellt wird und über den Versandhandel harte Konkurrenz zum stationären Handel herrscht, drängen mit der neuen Meldestelle keine neuen Sprit-Anbieter auf den Markt. Das heißt, zusätzlicher Wettbewerb, der für sinkende Preise sorgen könnte, wird nicht geschaffen. Die Mineralölkonzerne bestimmen weiterhin die Preise, die jetzt von einer Mammutbehörde überwacht von den Autofahrern bundesweit im Internet bestaunt werden können." Die Meldestelle helfe niemandem weiter, sondern sei ein "teures und nutzloses Spielzeug".
Auch die Pforzheimer Zeitung erhofft sich nicht viel von der neuen Vergleichbarkeit: "Das geht schon los beim Willen der Verbraucher. Wer - abgesehen von echten Sparfüchsen - wird wegen 80 Cent oder auch 1,50 Euro weniger pro Tankfüllung die ganze Stadt durchqueren wollen? Und selbst wenn alle mitmachen sollten: Der Marktmacht der großen Mineralölkonzerne dürfte das wenig anhaben. Schließlich werden Benzinpreise nicht erst an der Zapfsäule gemacht. Dazu kommt, dass die neue Transparenz für alle gilt: Den Tankstellen fällt es künftig auch leichter, ihre Preise nach oben zu korrigieren, wenn ein anderer vorlegt. Gut möglich also, dass das positive Ansinnen der Benzinpreisstelle hier und da sogar ins Gegenteil verkehrt wird."
Die neue Transparenzstelle sei "keine Wunderwaffe, die etwa Preisabsprachen oder Ähnliches ans Tageslicht befördert", kommentieren die Badischen Neuesten Nachrichten. "Wenn der Tanklastwagen sich von der Raffinerie in Richtung Tankstelle in Bewegung setzt, haben die Mineralölfirmen bereits ihr Geschäft gemacht. Die größten Batzen am Spritpreis sind ohnehin stets kräftig gestiegene Steuern und Abgaben sowie die Rohölpreise, die dem internationalen Marktdiktat unterliegen und geopolitischen Einflüssen ausgesetzt sind."
Bereits seit Jahrzehnten beiße sich das Bundeskartellamt an der Mineralölwirtschaft die Zähne aus, aber "der Nachweis geheimer Preisabsprachen ist in den vielen Jahren ebenso wenig gelungen wie eine wirksame Begrenzung des Preisanstiegs", schreibt die Neue Westfälische. Auch der Staat sei daran über einen hohen Steueranteil am Spritpreis beteiligt, "doch ein Blick auf die Bilanzen der Konzerne zeigt, wie lukrativ das Geschäft mit Kraftstoff ist. So bleibt als Hoffnungsträger die Elektromobilität. Mit Strom könnte dem Öl ein Konkurrent erwachsen, der irgendwann zu einem echten Wettbewerb führt. Bis dahin bleibt bei allen Maßnahmen das Prinzip Hoffnung auf sinkende Preise."
Quelle: ntv.de