Pressestimmen

Geplatzte Fusion von EADS und BAE "Torpedo von der Bundesregierung"

Es wäre der Deal der Jahres geworden, doch die geplante Megafusion der Waffenschmieden EADS und BAE ist endgültig gescheitert. Nach dem Flop hat das Spiel um den Schwarzen Peter begonnen. Vielmehr als  über die vertane Chance ereifert sich die Presse über die Gründe, wegen denen Berlin den Zusammenschluss verspielt hat – und über die Folgen, die das dilettantische Vorgehen der Bundesregierung nun haben könnte.

Bruchlandung für EADS-Chef Enders: Die Fusion mit BAE ist geplatzt.

Bruchlandung für EADS-Chef Enders: Die Fusion mit BAE ist geplatzt.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Mit dem Scheitern der Fusion von EADS und BAE Systems wird eine große Chance auf eine Konsolidierung der Rüstungsbranche vertan", kommentiert das Düsseldorfer Handelsblatt den geplatzten Deal. "Wer sollte nach diesem Debakel einen neuen Anlauf wagen, um die zerfaserte Wehrindustrie in Europa unter dem Dach von größeren Firmen zu bündeln?" Eine Marktbereinigung sei aber längst überfällig, kritisiert die Wirtschaftszeitung. Fast jedes europäische Land leiste sich eine eigene Rüstungswirtschaft. Das sei aber vor allem eines: teuer und ineffizient. Das Scheitern des Zusammenschluss sei kein gutes Omen für die europäische Zusammenarbeit und lasse nichts Gutes für die Zukunft von EADS hoffen: "Was sich da in den letzten Wochen hinter den Kulissen an Misstrauen zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien aufgestaut hat, würde ein Scheidungsrichter als "unüberbrückbare Differenzen" werten und die Ehe beenden", schreibt das Blatt. Die Scherben schnell wieder zu kitten sei schier unmöglich, EADS-Chef Tom dürfe über das Ergebnis dürfte nicht erfreut sein. "Insgesamt sind das alles keine guten Aussichten für die deutschen Standorte und Arbeitsplätze."

Mehr noch als über die vergebene Chance des Deals kritisiert die Zeitung Die Welt die Sturheit der Bundesregierung, die die Fusion verhindert hat. "Man könnte ja stolz darauf sein, dass eine deutsche Regierungschefin sich in Europa eine starke Position erarbeitet hat. Wenn es nicht so peinlich wäre, wie die Regierung diese Fusion hat scheitern lassen", meint die Zeitung. Denn statt die Fusion zu unterstützen, habe sich die Bundesregierung in fragwürdige Positionen verrannt, deren Sinn überhaupt nicht erkennbar gewesen sei.

Es sei ein Ärgernis, "dass der entscheidende Torpedo gegen den Deal von der Bundesregierung abgefeuert wurde", kritisiert auch die Landeszeitung Lüneburg. "Es ist schwer erträglich, dass man in Berlin offenbar weiß, was man ablehnt, aber nicht, wofür es sich zu streiten lohnt." Denn die Fusion von EADS und BAE habe gerade aus Sicht der europäischen Vormacht Deutschland Sinn gemacht. Auf dem wichtigen Feld der Rüstungspolitik hätte Europa endlich die kontinentaleuropäische Dimension überwinden und mit den Briten eine gesamteuropäische Perspektive entwerfen können.

Weniger dramatisch findet dagegen die Stuttgarter Zeitung das Scheitern der Gespräche zwischen EADS und BAE: "In der Tat ist nicht anzunehmen, dass durch das Platzen der Fusion wirklich ein Schaden entsteht." Wenn es nun bei EADS künftig gelinge, die Eigner Deutschland und Frankreich im Gleichgewicht zu halten und deren Einfluss zumindest Schritt für Schritt zurückzufahren, dann sei viel gewonnen - mehr als durch eine Fusion.

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Hannes Vogel

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