Pressestimmen

Steinmeier stellt sich Fragen im TV "Tut sich schwer"

Acht Wochen nach Angela Merkel stellt sich ihr Herausforderer Frank-Walter Steinmeier den Fragen des Publikums während des Townhall Meetings auf RTL. Die Presse ist uneins: Von entsetzlich bis positiv überrascht wird sein Auftritt bewertet.

Kann er Kanzler?

Kann er Kanzler?

Die Kölnische Rundschau vergleicht den Auftritt Steinmeiers mit dem seiner Chefin, die sich vor acht Wochen den Fragen der Zuschauer stellte. Sie hätte sich laut der Einschätzung vieler Beobachter "gut geschlagen". Frank-Walter Steinmeier tue sich schwerer, urteilt das Blatt. "Merkel konnte ihren zuweilen herben Charme ausspielen, redete etwa einem jungen Arbeitslosen kräftig ins Gewissen und hatte hinterher die Lacher auf ihrer Seite. Steinmeier fällt die persönliche Ansprache schwerer. Er redet bei seinem Auftritt immer noch im Politiker- und Diplomaten-Deutsch, es gelingt ihm selten, die Distanz zu überbrücken." Das Blatt weist aber auch daraufhin, dass es Steinmeier heute schwere habe als die Kanzlerin: "Die Krise ist weiter voran geschritten. Die Menschen zittern jetzt mehr um ihre Jobs als noch vor acht Wochen. Etliche Bürger sind jetzt bitter enttäuscht, weil die Politik zwar Opel gerettet hat, nicht aber Arcandor."

"Er spürt den Druck, anders zu sein, locker und offensiv – und verkrampft doch weiter",  bewertet der Kölner Stadtanzeiger zunächst das Verhalten von Steinmeier. So sei der "der Drang, während der Werbepause wegzuzappen, … groß". Doch nach der Pause hätte sich ein ganz anderer Frank-Walter Steinmeier gezeigt, urteilt das Blatt positiv überrascht über diese Wende. "Zwar braucht er zunächst noch eine kleine Ewigkeit, um ziemlich indirekt zu sagen, dass die Mehrwertsteuer nicht steigen soll." Aber er hätte "sich aus seinem Kokon befreit". … Ein Publikumsgast weist darauf hin, dass ein Kind nicht genügen würde, um die Alterung Deutschlands aufzuhalten. Steinmeier kontert: "'Das war keine Frage, sondern eine Aufforderung. Sie verstehen, dass ich das zuhause besprechen muss.' Der Saal lacht und applaudiert kräftig."

Auch die Süddeutsche Zeitung beurteilt den Auftritt Steinmeiers eher positiv, was aber zu großen Teil den Moderatoren zuzuschreiben ist. "Größeres Ungemach" sei den Kanzlerkandidaten erspart geblieben. "Dass Steinmeier zugab, als Wähler würde er seinen eigenen Deutschland-Plan für Vollbeschäftigung wohl auch für unrealistisch halten, blieb der einzige Patzer." … Wenn das sogenannte Townhall Meeting "eine verwertbare Erkenntnis" erbracht hätte, dann die: "Steinmeier kann Kanzlerkandidat. Wenn man ihn lässt. .. Und das taten die Moderatoren. Nachdem sich Angela Merkel als Mutter Beimer der Nation profilieren durfte, wollten die Moderatoren dem Herausforderer offenbar ebenfalls seine Chance geben. Oder negativ ausgedrückt: Peter Kloeppel und Maria Gresz hatten aus ihren Fehlern der Erstausgabe nichts gelernt."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung lässt dagegen kein gutes Haar am Außenminister und Vizekanzler. Das Urteil lautet: "Es war ein schlimmer, ein entsetzlicher Auftritt, den der Kanzlerkandidat der SPD da am Sonntag ablieferte. Nach der Aufzeichnung der Sendung … konnte er bloß hoffen, dass der Sender für die Ausstrahlung seiner Bürgersprechstunde am Abend die Szenen herausschneiden würde, in denen er besonders unglücklich und verloren wirkte." Zwar hätte Steinmeier verloren gewirkt, doch hätte er nicht versagt, schreibt das Blatt weiter. Er hätte geredet und erklärt, diskutiert und erläutert - nur Antworten auf die Fragen, die ihm von den Zuschauern im Studio gestellt wurden, hätte er keine gefunden. "Stattdessen ließ sich in erschreckender Genauigkeit beobachten, wie ein Politiker, der vorher exakt erklärt bekam, wie er zu wirken hat, alle Kompetenzen umzusetzen versuchte, die sich ein Wähler von einem souverän wirkenden Kanzlerkandidaten wünschen würde." Fazit: "Er konnte einem Leid tun."

Zusammengestellt von Julia Kreutziger

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen