Pressestimmen

Obama zur Ölkatastrophe "Vage und orientierungslos"

Barack Obama erkennt die Not und will daraus eine Tugend machen.

Barack Obama erkennt die Not und will daraus eine Tugend machen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Angesichts der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko brauchen die Amerikaner Trost, Halt und Führung. Doch Obama anaylsiert in seiner Rede an die Nation eher die US-amerikanische Abhängigkeit vom Öl und die Dringlichkeit, von dieser Ressource wegzukommen, so n-tv.de. Fragen beantwortet er jedoch keine, konkrete Lösungen bietet er nicht an. Orientierung gibt er dem Volk damit nicht.

Einst sei Obama der große "Kommunikator" gewesen, doch jetzt erreiche er sein Volk nicht mehr, schreibt Der neue Tag. "Wie ein Ölteppich hat sich die Katastrophe im Golf von Mexiko über sein zweites Amtsjahr gelegt." Der US-Präsident habe sich "auf die Fähigkeit und den Willen von BP verlassen, der Ölpest Einhalt zu gebieten". Dabei habe er allzu lange versucht, "den Ölmulti für die Schäden haftbar zu machen". Bei seiner ersten Krisen-Rede aus dem Weißen Haus habe er allerdings den zweiten Schritt vor dem ersten getan. "Denn den Amerikanern steht der Sinn nicht so sehr nach sauberen Energien, sondern nach sauberen Stränden."

Doch die angepriesene Energiewende könne er nicht ganz so ernst meinen, so die Aachener Zeitung, denn "noch kurz vor Ausbruch der Ölpest genehmigte er weitere Tiefseebohrungen der Treibstoffkonzerne". Ergo: "Obama hat in der Klimapolitik viel Kredit verspielt." Er habe denjenigen Unterstützung gegeben, "die angesichts schwindender Ressourcen immer waghalsigere und teurere Methoden bei der Ölgewinnung anwenden wollen. Der Preis für die herkömmliche Art der Mobilität vor allem in den verschwenderisch agierenden USA ist längst zu hoch geworden."

Berliner Zeitung schreibt, dass Obama in seiner Rede versucht habe, "aus der Not eine Tugend zu machen", indem er "die Energiewende zur nationalen Mission erklärt". Das Land solle nun "endlich die teuflische Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen überwinden". Auch wenn sich "die schlimmste Umweltkatastrophe der US-Geschichte" in sehr naher Zukunft nicht stoppen lasse, "dann soll sie wenigstens zum Katalysator werden für längst überfällige Veränderungen". Das Blatt bewertet diese Ansichten Obamas als "richtig und aller Ehren wert". Doch politisch gesehen sei das "höchst riskant". Denn "schon wirft die Opposition Obama vor, die Katastrophe im Golf von Mexiko politisch für seine im Kongress festgefahrene Klimaagenda auszuschlachten. Die Republikaner vertrauen darauf, dass die Menschen am Ende einmal mehr billiges Benzin und große Autos der geforderten Kraftanstrengung vorziehen."

Auch Die Tagespost verurteilt Obamas Vergleiche der Energiewende "mit den Herausforderungen der bemannten Raumfahrt in den Sechzigern" nicht als "rhetorische Übertreibung". "Der Abschied vom fossilen Brennstoff ist für Amerika wenigstens langfristig gleichermaßen ein Gebot der ökologischen wie der ökonomischen Vernunft. Präsident Obama wies seine Landsleute zu Recht darauf hin, dass die Chinesen mittlerweile mehr Geld in erneuerbare Energien investieren als die Vereinigten Staaten von Amerika. Man muss aber kein Prophet sein, um zu wissen, dass die wirtschaftliche Zukunft gewinnt, wer eine Antwort auf die Energiefrage zu geben weiß."

Weniger lobende Worte verliert die Ostsee-Zeitung über die Rede von Barack Obama: "Seltsam vage und orientierungslos" sei er bei seiner "fast 20-minütigen Ansprache zur besten Sendezeit auf allen wichtigen Kanälen" rübergekommen. Das hätten auch Obama wohlgesonnene US-Moderatoren hinterher beklagt. Erstaunlich sei das allerdings nicht, kommentiert das Blatt weiter. "Denn zum einen weiß Obama natürlich, dass er in der Bekämpfung des Öldramas bisher keine besonders gute Figur gemacht hat. Zum anderen ist die Öllobby noch immer ein mächtiger Gegner mit exzellenter Vernetzung in allen politischen Lagern und einflussreichen Verbündeten: denjenigen unter den US-Verbrauchern, die von Klimawandel, Ölknappheit oder einem veränderten Lebensstil nichts hören wollen."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger

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