Pressestimmen

Acht Milliarden Euro für die Flutopfer "Wer soll das bezahlen?"

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Dass den Flutopfern acht Milliarden Euro, zu gleichen Teilen von Bund und  Ländern finanziert, zur Verfügung gestellt werden, ist dringend notwendig. Aber auch ärgerlich. Denn eine weitere Flutkatastrophe nach den dramatischen Erlebnissen von 2002 hätte verhindert werden können. Und dann stellt sich auch noch die Gretchenfrage.

Wieder versinken ganze Orte in den Wassermassen.

Wieder versinken ganze Orte in den Wassermassen.

(Foto: dpa)

Die Leipziger Volkszeitung begrüßt die Milliarden-Soforthilfe für die Flutopfer, hat aber eine dringende Frage: "Wer soll das bezahlen?" Wahrscheinlich sei eine höhere Neuverschuldung, denn "der ins Spiel gebrachte 'Flutsoli', die befristete Anhebung des Solidaritätszuschlags, ist schon wieder vom Tisch. Auch Steuererhöhungen sind kurz vor der Wahl mit Union und FDP nicht drin. Ansonsten könnte Schwarz-Gelb gleich freiwillig in die Opposition gehen. Deshalb bleiben auch millionenschwere Wählergeschenke wie der Steuerbonus für Hoteliers (FDP) oder das Betreuungsgeld (Union) als heilige (Polit)Kühe leider unangetastet."

Auch ein verärgerter Nordbayerische Kurier macht sich über die Herkunft des Geldes Gedanken und hat eine Lösung parat: "Der CDU-Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalts will flugs den Solidaritätszuschlag zugunsten der Flutopfer erhöhen. Mit Verlaub: Sind Sie - man verzeihe den Deich-Vergleich - noch ganz dicht? Sagte unsere Kanzlerin nicht jüngst, es sei genug Geld da? Aber es ist ja bislang so bequem gewesen: Es hakt mit der Kohle? Lass das Volk doch einfach weiter den Soli zahlen. Und so blechen wir jetzt schon seit 22 Jahren diese 'vorübergehende' Abgabe. Gut 13 Milliarden Euro zusätzliche Gelder kommen da jährlich zusammen. Nehmt das, das reicht locker für die Hochwasserschäden. Dafür braucht es kein reflexartiges Drehen an der Steuerschraube. Denn so funktioniert Gemeinschaft nicht."

"Der Staat nimmt nach wie vor eine Menge Steuern ein. In den kommenden vier bis fünf Jahren werden die Mehreinnahmen bei schätzungsweise 50 bis 60 Milliarden Euro liegen. Da ergeben sich Spielräume." Aber auch eine Neuverschuldung wäre kein Beinbruch, finden Straubiger Tagblatt/Landshuter Zeitung, denn "durch die niedrigen Schulden ist das Geld billig, und die Schuldenbremse lässt Ausnahmen im Fall von Katastrophen ausdrücklich zu. Sie ist also kein Grund, die Bürger nun zusätzlich zur Kasse zu bitten."

Die Pforzheimer Zeitung bringt einen weiteren Aspekt mit in die Diskussion und erinnert daran, dass die aktuelle Flut die Versäumnisse beim Hochwasserschutz schonungslos aufdecke. Dass jetzt acht Milliarden Euro bereitgestellt werden, sei "zwar notwendig, aber ärgerlich, weil ein Teil der Schäden vermeidbar gewesen wäre. Sich nach eigenen Fahrlässigkeiten auf die Solidarität der anderen zu berufen - und das macht Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff - ist unsolidarisch. Die Menschen haben dafür übrigens ein feines Gespür: Die Spendenfreude ist gegenüber 2002 gesunken. Mit Geiz hat das nichts zu tun. Sondern mit dem sicheren Gefühl, dass da manche die Solidargemeinschaft ausnutzen."

Konsequenzen aus der letzten Flutkatastrophe vermisst auch der Mannheimer Morgen: "Bereits das sogenannte Jahrhunderthochwasser von 2002 hat den Staat 6,5 Milliarden gekostet. Hätte der Staat danach die Prävention verstärkt, bräuchte jetzt weder ein Hilfsfonds in Höhe von - vorläufig - acht Milliarden Euro aufgelegt noch EU-Hilfe in Anspruch genommen zu werden. Vorbeugen gilt auch in diesem Bereich immer noch als die bessere, weil billigere Wahl. Von den menschlichen Dramen inmitten der Zerstörung ganz abgesehen. Wenn die Politik dieses Mal ihre Hausaufgaben erledigt, ist das Land so gut es geht gewappnet - denn nach der Flut ist vor der Flut."

"Bund und Länder müssen, wie bei der Fluthilfe, endlich gemeinsam vorsorgen, ohne föderalen Argwohn", fordert daher auch die Saarbrücker Zeitung. "Immer nur höhere Deiche zu bauen, ist auf Dauer zu wenig. Und wenn es auch einige Bürger schmerzen wird, so stellt sich doch die Frage, ob Umsiedlungen nicht auf die Tagesordnung gehören. Man muss nur den Preis solcher Maßnahmen ins Verhältnis zu den horrenden Folgekosten einer Flut setzen, dann kennt man die Antwort. Sie lautet: Ja. Bund und Länder sind gefordert, betroffenen Menschen vernünftige Angebote zu machen, damit sie freiwillig einen solchen Schritt gehen. Die Enteignung Einzelner zum Wohle der Allgemeinheit kann - wenn überhaupt - nur das allerletzte Mittel sein."

Quelle: ntv.de

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