Reaktionen auf Gauck-Rede "Wer, wenn nicht Deutschland?"
24.12.2013, 00:05 Uhr
Die Presse diskutiert über aktuelle Themen.
Joachim Gauck hat seine Weihnachtsansprache gehalten. Bei aller Festlichkeit mahnt er, an diejenigen zu denken, denen es nicht gut geht: Flüchtlinge. Bei der Presse heimst er dafür einiges an Lob ein, wenn es auch den ein oder anderen kritischen Zwischenton gibt.
"Schauen wir zu Weihnachten einmal nicht nur auf den reichlich gefüllten Teller mit Weihnachtsplätzchen vor uns. Schauen wir einmal über den Tellerrand hinaus", mahnt die Wetzlarer Neue Zeitung. Wer seine Heimat verlässt, tut dies, um Verfolgung und Armut zu entkommen, nicht um es sich hierzulande bequem zu machen, hat Joachim Gauck gesagt. Beim Blick über den Tellerrand sähen wir, dass Gauck Recht habe, schreibt das Blatt. "Wenn nicht zu Weihnachten, wann dann sollten wir unser Herz für Mitmenschen in Not öffnen?"
Die Badische Zeitung aus Freiburg meint: "Aus Syrien, aus Afrika wie aus anderen Elends- und Krisenregionen dieser Welt versuchen Millionen zu fliehen. (...) Es ist gut, dass Joachim Gauck seine Weihnachtsansprache dazu genutzt hat, auf das Schicksal dieser Flüchtlinge besonders hinzuweisen." Das Blatt hakt kritisch nach: Wer, wenn nicht ein Land wie Deutschland, wäre aufgerufen, seine Hilfe zu verstärken? Und wessen Bevölkerung müsste weniger Angst davor haben, anstatt 10.000 Menschen 100.000 unterzubringen? "Es stimmt schon: Auch damit ließe sich die Not von Flüchtlingen weltweit nicht wirklich eindämmen. Aber ein Zeichen von Menschlichkeit wäre eine größere Anstrengung schon, nicht nur zur Weihnachtszeit", schließt die Zeitung ab.
Weihnachten ist, allen vollen Einkaufsstraßen zum Trotz, ein christliches Fest, äußert der General-Anzeiger aus Bonn. Und ein Fest der Gegensätze, so das Blatt weiter. "Die heilige Familie im Stall, nicht im Luxushotel. Und anschließend gleich auf der Flucht, woran der Bundespräsident in seiner Weihnachtsansprache erinnert."
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt: "Bundespräsident Gauck hat den Deutschen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest gewünscht, darüber aber - wie es gute Tradition ist - nicht vergessen, sie auch an das Elend in der Welt zu erinnern, das wir zwar nicht beenden können, aber - im Rahmen unserer Kräfte - lindern sollten. Das gilt für Flüchtlinge, die vor Kriegswirren wie in Syrien oder vor politischer Verfolgung fliehen und Jahre, manchmal Jahrzehnte in Elendslagern außerhalb ihres Heimatlandes zubringen müssen." Der einstige Pastor Gauck, so die FAZ, weiß (und sagt es), "dass wir nicht jeden, der kommt, in unserem Land aufnehmen können". Wir seien meist auch nicht in der Lage, die Quellen des Übels zu verstopfen, die Kriege, das Morden, den Terror und die Vertreibungen zu verhindern.
Bundespräsident Joachim Gauck ist keiner, der dem Volk nach dem Munde redet, urteilt die Frankfurter Rundschau. Seine Weihnachtsansprache sei dafür ein guter Beleg. "Machen wir unser Herz nicht eng", bittet er die Bundesbürger darin und wirbt um Großherzigkeit bei der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland. Das sei nicht populär, so die Zeitung. "Obwohl die Zahlen noch weit unter denen der Asylbewerber Anfang der 90er Jahre liegen, findet der Ruf: Das Boot ist voll! schon wieder viele Unterstützer. Gauck ist dafür zu rühmen, dass er dieses hochbrisante Thema immer wieder aufgreift, trotz aller Zurückhaltung, die ihm in aktuellen politischen Fragen auferlegt ist. Das Gleiche gilt für seine Entscheidung, nicht als Putins Tribünengast nach Sotschi zu reisen." Der Bundespräsident dürfe gewiss keine Gegenpolitik zur Bundesregierung entwickeln. Aber eine aufrechte Haltung, die könne und solle er zeigen, schreibt das Blatt abschließend.
Zusammengestellt von Lisa Schwesig
Quelle: ntv.de