Gewaltige Unruhe in der FDP Westerwelle als Bauernopfer
25.08.2010, 21:18 UhrUm den Zustand der Koalition steht es schlecht. Die FDP sucht nach der Ursache für den Totalabsturz und stößt dabei auf den Parteichef. Aber Westerwelle ist nicht allein dafür verantwortlich.
Die durch die schlechten Umfrageergebnisse ausgelöste Debatte in der FDP über den Parteivorsitz von Guido Westerwelle gewinnt an Fahrt. Nach den hessischen Liberalen forderte auch die FDP im Saarland Westerwelle auf, sein Amt als Chef der Bundespartei zur Verfügung zu stellen.
Die Augsburger Allgemeine glaubt nicht, dass die Stimmung in der FDP bereits so mies ist, dass es "in überschaubarer Zeit zu einem offenen Aufstand gegen den Vorsitzenden Westerwelle kommen könnte. Aber das Rumoren in der Partei wird stärker und die Luft für den Mann an der Spitze von Tag zu Tag dünner. Noch verfügt der tief gefallene Wahlsieger von 2009 über hinreichend Rückhalt, um sich in einem offenen Machtkampf seiner Haut erwehren zu können. Sein politisches Schicksal wird erst in dem Augenblick besiegelt sein, wenn die FDP den Glauben daran verliert, dass es mit Westerwelle auch wieder bergauf gehen kann."
Die Westfälische Rundschau glaubt, dass das Etikett der "Klientelpartei den Liberalen anhaftet, und ihr Vorsitzender alles unternimmt, um das fragwürdige Image noch mit persönlichen Fehlgriffen etwa bei der Auswahl seiner Reisebegleitung zu garnieren. Traditionell führen deutsche Außenminister in der Beliebtheitsskala. Wie schlimm es um den Amtsinhaber steht, lässt sich daran ermessen, dass er sogar diesen Bonus verspielt hat. Das ist jenseits der Nöte der FDP, die mangels Personalalternativen noch nicht zum Putsch greift, Besorgnis erregend. Die Partei hofft auf Besserung, wenn Westerwelle den Vorsitz abgibt und sich auf sein Ministeramt konzentriert. Überzeugend wirkt das nicht. Es sind auch die Regierungsämter, die ihn überfordern."
Auch die Neue Osnabrücker Zeitung kommentiert die Kritik aus der FDP an ihren Parteivorsitzenden Westerwelle: "Es wird eng für Westerwelle. Die Forderungen des saarländischen Landesverbandes nach einem Rücktritt vom Parteivorsitz wird der FDP-Chef derzeit zwar noch politisch überleben. Doch wenn er die Liberalen nicht bald aus der Umfragekrise führt, sind seine Tage an der Parteispitze gezählt. Der Vize-Kanzler und Außenminister der schwarz-gelben Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten so glanzlos und unglücklich agiert, dass die Vorstellung schwer fällt, Westerwelle könne noch einen Stimmungswechsel herbeiführen. Die Landtagswahlen im Frühjahr in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz dürften sein Schicksal besiegeln."
Die tz aus München geht als einige darauf, dass Westerwelle noch einen Nebenjob hat, den des Bundesaußenministers. "Kroatien, Serbien, Bosnien und das Kosovo besucht Außenminister Guido Westerwelle seit gestern. Doch während sich der Partei-Chef durch fremde Länder lächelt, balkanisiert seine FDP daheim. Liberal ist die FDP derzeit vor allem bei ihren eigenen Heckenschützen: Sie werden immer mehr und treten zudem immer offener auf. Jetzt wagt sich immerhin der erste Generalsekretär aus der Deckung und fordert unmissverständlich Westerwelles Kopf. Vor allem rächt sich schon seit Monaten der Größenwahn: der Irrglaube der FDP-Führung, nach der fulminanten Bundestagswahl ohne ein entsprechendes inhaltliches Angebot automatisch eine Art Volkspartei zu sein. Strahlemann Westerwelle ist dafür maßgeblich mitverantwortlich - aber er machte auch nur, was seine Partei."
Auch die Dresdner Neueste Nachrichten fragt, ob Guido Westerwelle das Amt des Parteichefs abgeben sollte und liefert sogleich die Antwort: "Die anhaltend schlechten Umfragewerte haben aus dem diffusen Grummeln an der FDP-Basis eine handfeste parteiinterne Kritik gemacht. Doch was wäre mit einem solchen Machtwechsel für die Liberalen schon gewonnen? Das lädierte Ansehen der FDP ist jedenfalls nicht Schuld ihres Vorsitzenden allein. Und die, die vehement Westerwelles Rücktritt vom Amt des Parteivorsitzenden fordern, müssen sich fragen lassen, wer ihn jetzt oder künftig gleichwertig ersetzen soll. Und vor allem, wie das programmatische Vakuum seit der Wahl endlich beendet werden kann. Denn sonst nimmt die rasante liberale Talfahrt kein Ende."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Peter Richter