Pressestimmen

Höchststrafe für Massenmörder Breivik "Widerspruch, der nicht aufzulösen ist"

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Anders Behring Breivik ist verurteilt, die Richter in Norwegen schicken den Massenmörder mindestens für 21 Jahre hinter Gitter. War es richtig, den Rechtsradikalen für voll schuldfähig zu erklären? Als geistig gesund? Die Presse ist sich größtenteils einig. Das Problem sei nun jedoch die Möglichkeit, dass ein angeblich psychisch unversehrter Mensch eine solche Tat begehe.

Die Rhein-Neckar-Zeitung bilanziert, "Der Schuldspruch: Richtig. Das Strafmaß: Richtig. Die Anerkennung der vollen Schuldfähigkeit: Nicht befriedigend." Das Blatt stellt die unangenehme Frage, ob das Gericht den Täter nicht für schizophren erklären und seine Weltsicht als krankhaften Wahn hätte brandmarken müssen. "Auch als Zeichen an Gesinnungsgenossen", so die Mutmaßung über die mögliche Wirkung.

Während der Urteilsverkündung in Oslo.

Während der Urteilsverkündung in Oslo.

(Foto: REUTERS)

Doch Breivik sei nicht geisteskrank, pflichten die Nürnberger Nachrichten dem Richterspruch bei. Sein Hass sei "das Ergebnis einer völlig einseitigen Fixierung auf Feindbilder, wie sie sich in den Abgründen des Internets samt seiner Verschwörungstheorien und Hassorgien massenweise finden". Breivik habe seine geschlossen rechtsradikale Weltsicht in eine furchtbare Tat umgesetzt und so gezeigt: "Er ist nur ein extrem radikaler Nazi."

Auch die Märkische Oderzeitung widerspricht. Könne "ein Mensch, der sich eine Wahnwelt konstruiert und als selbsternannter Verteidiger des Abendlandes zum Massenmörder wird, als geistig gesund bezeichnet werden"? Nein, so die Antwort. Es bleibe ein Widerspruch, der nicht aufzulösen ist. Es bleibe die Frage, "wie dem Wahnsinn dieser Welt zu begegnen sei, ohne dass Kategorien wie Recht und Moral und Menschlichkeit zuschanden gehen."

Jedoch bezweifelt die Saarbrücker Zeitung, dass Sieg oder Niederlage in diesem Fall gültige Kategorien sind. Das Blatt betont "die Kultur eines Rechtsstaats, die für die innere Verfasstheit einer Nation so wichtig ist". Die norwegische Justiz habe die unfassbare Tat intensiv und sensibel aufgearbeitet.

So wertet auch die Mittelbayrische Zeitung den Prozess und das Urteil. "Viele Leute - nicht nur in Norwegen - hätten sich drakonische Strafen aus dem Mittelalter-Folterkeller für Anders Behring Breivik gewünscht", heißt es dort. Vor dem emotional so aufgeheizten Hintergrund wirke der souveräne Umgang der Osloer Richter mit diesem Fall umso bemerkenswerter. "Sollten Juristen je Anschauungsunterricht brauchen, wie man einen rechtsstaatlichen und wegweisenden Prozess gegen einen Terroristen und Massenmörder führt", fänden sie ihn in Norwegen.

Für alle Beteiligten sei die Entscheidung, Breivik für voll schuldfähig zu halten, richtig, meint auch die Hessische Niedersächsische Allgemeine aus Kassel. "Hätte das Gericht ihn als klinischen Fall eingestuft, wäre das Trauma von Oslo und Utøya viel schwerer zu verarbeiten gewesen". Nun aber - und das sei jetzt die Herausforderung - müsse das Land sich der Tatsache zuwenden, "dass es faschistoide Tendenzen in der Gesellschaft gibt, die im Massenmord münden können". Breivik, schreibt das Blatt, mag sich als Sieger gefühlt haben, weil auch er kein Irrer sein wollte. Tatsächlich aber "ist er ein Verlierer", denn: "Der selbsternannte Kreuzritter schrumpfte zum Verbrecher."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Thomas E. Schmidt

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