Steuerpaket von Union und FDP "Wie wär's mal mit Regieren?"
04.12.2009, 21:09 Uhr
Kleine Mehrwertsteuer für das Bett, große fürs Frühstücksei? Oder nicht?
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Dass mit dem Steuerpaket der Wachstumsmotor anspringt, dürfte bezweifelt werden, orakelt die Presse. Vor allem am Steuergeschenk für Hoteliers entzündet sich der Unmut.
Auch die in Dresden erscheinende "Sächsische Zeitung" gießt ihren Spott über die Steuerbemühungen von Union und FDP aus: "Derweil befassen sich die Koalitionsspitzen tatsächlich ernsthaft damit, ob auch das Frühstück eine Beherbergungsleistung ist oder nicht. Hoffentlich fragt niemand nach, wie es mit der Steuer ist, wenn sich jemand Kaffee, Brötchen und Morgenei ans Bett servieren lässt? Da mag man, wie 1998 in den Anfangswochen von Gerhard Schröder, nur noch rufen: Wie wär's mal mit Regieren, Frau Bundeskanzlerin?"
"Das Schöne am Wachstum ist, dass es per Gesetz zur Beschleunigung verpflichtet werden kann", spöttelt die "Märkische Allgemeine" (Potsdam) über das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz. "Dass künftig nicht nur direkte Nachfahren, sondern auch Geschwister mit deutlich günstigeren Erbschaftssteuersätzen rechnen können, ist nur gerecht, dürfte die Konjunktur aber kaum beeinflussen."
Ein geringerer Mehrwertsteuersatz auf Hotelübernachtungen sei "schlichtweg Unfug", der bestenfalls zu geringen Gewinnsteigerungen im Gastgewerbe führen werde. "Es gibt ein Maßnahmepaket zur Krisenbewältigung bei Unternehmen, das Verlustvorträge, Abschreibungen, Immobiliennutzung und Rettungsübernahmen vereinfacht - auch das ist sinnvoll. Ebenso wie die Rücknahme von Steuererhöhungen auf Biokraftstoffe. Nur dass damit der "Wachstumsmotor" anspringt, ist dann wieder so ein Bild, das zu schön ist, um wahr zu werden."
Nach Auffassung der Münchner "Abendzeitung" haben Teile der Hotel-Branche die Zukunft verschlafen und deswegen "vor allem bei der CSU ihre Lobbymaschine angeworfen - dafür gibt es nun ein Steuergeschenk vom Finanzamt". Auch die "Abendzeitung" schätzt ein, dass dessen konjunkturelle Wirkung "gleich null" ist, "der Schaden aber weit größer als jene Milliarde Euro, die der Quatsch kostet". Der Kommentator zieht den Schluss: "Eine Koalition, die antrat, das Steuersystem zu entrümpeln, versagt an der ersten Hürde und schafft eine neue Ausnahme, auf die sich nun Interessengruppen aller Art berufen können. Dieser Beschluss wird der Regierung noch um die Ohren fliegen."
Und das "Flensburger Tageblatt" schlussfolgert: Das Gesetz "macht das Steuersystem nicht einfacher, sondern vergrößert das Dickicht. Es dient nicht dem sozialen Ausgleich, sondern verteilt zusätzliche staatliche Wohltaten. Beschleunigt wird so nur eins: Das Vertrauen in die neue Bundesregierung schwindet."
"Jetzt gilt's. Helm auf, Visier zu, der Bundesrat will erobert werden, zur Not auch bloß ausgetrickst oder gekauft, egal. Hauptsache Schwarz-Gelb boxt sein Wachstumsbeschleunigungsgesetz durch. Handlungsfähigkeit nennt man so etwas", kommentiert der "Trierische Volksfreund" das Dilemma der Bundesregierung.
"Am Freitag wurden im Bundestag die Weichen für dieses Szenario gestellt, die Armeen marschieren nun aufeinander zu. Zusammenprall am 18. Dezember in der Länderkammer. Im besten Fall wird Angela Merkel dann kurz vor Weihnachten heldenhaft verkünden können, ihre Regierung habe den Hoteliers eine Milliarde Euro geschenkt, den Eltern 4,6 Milliarden (außer denen von Hartz-IV-Kindern) und der Wirtschaft 2,4 Milliarden. Im schlechtesten Fall hat sie eine schwere Regierungskrise. (...) Wäre die Handlungsfähigkeit der neuen Koalition nicht viel leichter und besser zu zeigen gewesen, wenn sie ihr Gesetz einfach vorher um die gröbsten Dummheiten korrigiert hätte, statt es nun auf Biegen und Brechen durchzusetzen? Ist nur so eine Frage."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Heidi Driesner