Besserer Datenschutz im Netz "Wo soll die rote Linie verlaufen?"
01.12.2010, 20:37 UhrDie schöne neue Datenwelt hat nicht nur Vorteile. Deswegen will Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit einem Gesetz zum Schutz der Persönlichkeitsrechte den Datenschutz im Internet ausweiten. Ein guter Ansatz, findet die Presse. Allerdings habe der Minister einiges nicht bedacht.

Bitkom-Präsident Scheer (l) und Bundesinnenminister de Maizière stellen in Berlin den Datenschutz-Kodex vor.
(Foto: dpa)
"Ein besserer Datenschutz ist wichtig. Es darf nicht sein, dass Internet-Dienste Informationen über ihre Kunden sammeln, zusammenführen, auswerten und verkaufen. Wer sein Gesicht oder Haus nicht im Internet sehen will, sollte dies verhindern können. Schmähworte im Internet zur eigenen Person müssen sich verhindern lassen. Auch für ein globales Netz muss nationales Recht gelten." Daher begrüßt die Südwest-Presse aus Ulm den Gesetzentwurf von de Maizière für einen besseren Datenschutz, bemängelt aber: "Allerdings hätte sich der Innenminister mehr Gedanken machen sollen. Denn von einer roten Linie zu sprechen, die nicht überschritten werden darf, zeugt von Unkenntnis. Wo soll diese Linie verlaufen? Statt auf die Eigenverantwortung der Unternehmen zu setzen, sind exakte, genau überlegte Bestimmungen gefragt."
Das Handelsblatt aus Düsseldorf weist im Zuge der Debatte um den Datenschutz auf die globale Reichweite des Internets hin: "Die oft beschworenen 'gewaltigen Chancen' des Internets dürfen schwerwiegende Eingriffe in die garantierten Persönlichkeitsrechte nicht legitimieren. Für den Ordnungspolitiker de Maiziere gilt aber auch die Gegenperspektive: Die Schutzgarantie des Staates für den Einzelnen darf weder praktischen Nutzen noch florierende Geschäftigkeit im digitalen Netz behindern. Folglich zentriert er die Schutzfunktion des Staates in der digitalen Lebenswelt erst ab der Veröffentlichung heikler Daten, nicht schon beim Sammeln und Speichern. Ordnungspolitik stößt da sowieso an ihre Grenzen: De Maizieres Ordnung ist national, die des Internets global."
"Es muss der Grundsatz gelten, dass Daten ohne ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen weder weitergegeben noch mit anderen Daten verknüpft werden dürfen", meint die Ludwigsburger Kreiszeitung und präzisiert: "Und vorherige Zustimmung ist etwas grundsätzlich anderes als nachträglicher Widerspruch, wie er jetzt bei Googles 'Street View' gnädig zugelassen wurde! So wie gesetzliche Regelungen etwas anderes sind als die freiwillige Selbstbeschränkung, die die Industrie nur anbietet. Die Bürger zu schützen, vor sich selbst, dem kommerziellen Datenhandel, der staatlichen Datenschnüffelei und dem kriminellen Missbrauch, das wird eine immer wichtigere Aufgabe."
Die Pläne von de Maizière klingen gut, findet die Leipziger Volkszeitung, aber "sie hindern niemanden daran, sich im Netz bloßzustellen, per GPS quasi überall auffindbar zu sein oder freiwillig das persönliche Konsumverhalten Banken und Konzernen zu übermitteln. Auch wenn der Innenminister bedacht ist, nicht als Internet-Sheriff rüberzukommen, der Branche viel Freiheiten einräumen will: Letztlich bleibt der Umgang mit den für viele Menschen verwirrenden Möglichkeiten des digitalen Zeitalters immer Sache des Einzelnen. Manchmal schwierig, aber nicht durch staatliche Vormundschaft zu ersetzen."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki