Pressestimmen

Atomstreit neu entflammt "Wohlfeile Vorwürfe"

Die jüngste Panne im Atomkraftwerk Krümmel hat die Diskussion um die Atomkraft in Deutschland neu entfacht. Vor allem ist das Thema damit im Bundestagswahlkampf angekommen - dort, wo es eigentlich kaum jemand haben will.

Auch Umweltminister Gabriel steht unter Beschuss.

Auch Umweltminister Gabriel steht unter Beschuss.

(Foto: dpa)

"Weg mit der Länderzuständigkeit, fordert der Bundesumweltminister. Doch das hat mit Krümmel gar nichts zu tun". Die Westfälischen Nachrichten kritisieren die Reaktion Sigmar Gabriels, denn die zuständigen schleswig-holsteinischen Behörden hätten selbst nach seiner Einschätzung tadellos gehandelt. Das Blatt vermutet hinter seinem Vorstoß eine andere Absicht: "Er nutzt vielmehr die Öffentlichkeitswirkung des Krümmel-Vorfalls, um seinen Kompetenzstreit mit der niedersächsischen Regierung auszufechten: Gabriel will als politmuskelstarker Minister posieren."

"Mit der neuerlichen Panne im Kernkraftwerk Krümmel landet das Thema Kernkraft dort, wo es kaum jemand haben will: mitten im Bundestagswahlkampf." Das Handelsblatt erwartet durch die neuerliche Krümmel-Abschaltung mehr Druck auf die Kraftwerksbetreiber, die "erst nach dem Wahltag publik machen (wollten), welchen Preis sie zu zahlen bereit sind, um von einer künftigen Bundesregierung grünes Licht für längere Kraftwerkslaufzeiten zu bekommen". Doch das eiserne Schweigen dürfte nun kaum mehr durchzuhalten sein, ist sich die Zeitung sicher.

Auch die Lübecker Nachrichten sind von einer Thematisierung des Vorfalls im Wahlkampf überzeugt, sehen das aber positiv: "Vorwürfe an die SPD, sie schmiede aus dem Chaos in Krümmel billige Wahlkampf-Munition, sind wohlfeil. Worüber sonst soll vor einer Wahl gestritten werden, als über unterschiedliche Politik-Ansätze?". Das Thema sei durchaus wahlkampfgeeignet: "In der Atompolitik bieten beide Volksparteien ein Kontrastprogramm. Die Alternativen sind jetzt noch einmal deutlich geworden. Das ist ein Gewinn, zeigt es doch: Die Wähler haben wirklich eine Wahl." Zudem sei Gabriels Vorstoß, die Atomaufsicht beim Bund zu konzentrieren, einen Gedanken wert. Denn auch wenn eine solche Bundesaufsicht nichts an den "haarsträubenden Vorfällen" in Krümmel  geändert hätte, so stelle sich doch die Frage, "ob nicht eine zentrale Verwaltung versierter, unbürokratischer und transparenter wäre".

Der Kommentar der Süddeutschen Zeitung beschäftigt sich mit dem Thema des Atomausstiegs. Das Blatt hält eine Abschaltung Krümmels für problemlos: "Auf den Reaktor (…) könnte Deutschland verzichten, ohne dass die Lichter ausgehen. Die Stromexporte übersteigen die Importe seit Jahren, der Überschuss liegt in der Größenordnung von ein bis zwei Kernkraftwerken." Und doch gebe es Schwierigkeiten, denn nach dem Ausstiegsplan müsste zuvor eine Reihe anderer Anlagen stillgelegt werden. "Schon in der nächsten Wahlperiode des Bundestags wären drei, vier oder fünf Blöcke an der Reihe, darunter beide Reaktoren in Biblis". Doch auch wenn diese Lücke nicht leicht zu füllen sei, sei es machbar, "es erfordert weitere Anstrengungen für mehr Effizienz und erneuerbare Energiequellen, um gleichzeitig die angepeilten Ziele im Klimaschutz zu erreichen".

Zusammengestellt von Nadin Härtwig

Quelle: ntv.de

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