Kein Deal mit der Staatsanwaltschaft Wulff auf Rehabilitations-Kurs
09.04.2013, 21:54 Uhr
Christian Wulff hat das Angebot der Staatsanwaltschaft abgelehnt. Er will keine Einstellung des gegen ihn anhängigen Verfahrens gegen Geld, sondern seine Unschuld beweisen. Die Tageszeitungen sind gespaltener Meinung und schwanken zwischen moralischen und juristischen Schuldzuweisungen gegen den Ex-Bundespräsidenten.
Ein spannendes Verfahren wäre jedenfalls möglich. Diese Ansicht vertreten die Nürnberger Nachrichten. Der zuständige Staatsanwalt hätte sich - entgegen einiger Stimmen – nicht verrannt. In keinem Fall könnte die Höhe des fragwürdigen Geldbetrags für eine Anklage entscheidend sein. Wenn ein "kleiner Beamter in Niedersachsen" kein Geschenk annehmen darf, das teurer als zehn Euro ist, müssten für den Bundespräsidenten "doch mindestens dieselben Bedingungen gelten".
Das Offenburger Tageblatt sieht das anders. Dort hält man es für völlig abwegig, "dass sich jemand in Wulffs Gehaltsklasse durch eine Summe von 770 Euro bestechen" lassen könnte. Ohnehin wäre sich die Staatsanwaltschaft mit dem Strafvorwurf Vorteilsannahme "dem Kern der Wahrheit wohl näher" gekommen. Sie hätte schlichtweg vorher einlenken müssen.
Beim Münchner Merkur ist der strafrechtliche Aspekt hingegen von geringerer Bedeutung. Dort wird lieber die "politisch-moralische Frage" gestellt. Es geht um Wulff, der "die Wahrheit zurechtbog", "Vorteile sammelte", sich "verhedderte". Neu ist, dass ihm in seiner "deprimierenden Paria-Existenz" nun ein Recht auf eine zweite Chance zugesprochen wird. Alles andere wäre "schlichtweg unmenschlich".
Ein, Recht und zwar sein gutes hat Wulff auch nach Meinung der Augsburger Allgemeinen. Er darf um seinen Ruf kämpfen. Weil er, statt sich zu drücken, "die Risiken eines Gerichtsverfahrens in Kauf nimmt", ist man geneigt, "Wulff ein wenig Respekt zu zollen" – aber nur fast. Aber selbst mit einem Freispruch könne er seine Präsidentschaft nicht mehr reinwaschen.
"Die Staatsanwaltschaft tut so, als ob sie Wulff mit dem Vorschlag, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen, ein generöses Angebot gemacht habe", bemängelt dagegen die Frankfurter Rundschau. Die Behörde würde den Anschein erwecken, Wulff könne sich durch einen Deal von seiner Verurteilung freikaufen. "Sie tut so, als ob der Fall Christian Wulff noch immer ein Fall wäre. Aber der Fall ist keiner mehr." So rechnet man zwar mit einer Anklage, hofft jedoch, dass das Gericht diese "gar nicht erst zulassen wird".
Dass die Staatsanwaltschaft auf eine Anklage verzichten sollte, äußert schließlich auch der Mannheimer Morgen. Statt einen Promi-Bonus zu kassieren, habe Wulff seine Bekanntheit im Laufe des Ermittlungsverfahrens eher geschadet. Jetzt würde die Behörde "nicht mit leeren Händen dastehen" wollen und deswegen auf einem formellen Schuldeingeständnis beharren. Schließlich habe sie mit der Aufhebung der Immunität Wulffs dessen Rücktritt erst bewirkt. Da Wulff sich andernfalls wohl aber auch nicht als Bundespräsident hätte halten können, sollte er besser nicht darauf vertrauen, auf juristischem Weg seine gesellschaftliche Anerkennung zurück zu erlangen.
Quelle: ntv.de