Pressestimmen

Kompromiss in den USA "Zerrüttete politische Kultur"

Der Kompromiss im Streit um die sogenannte Fiskalklippe wird in den deutschen Zeitungen nicht als Durchbruch gefeiert, sondern als Belegt für die ideologische Krise der Republikaner oder die politische Krise der USA insgesamt gewertet.

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(Foto: REUTERS)

Der Berliner Tagesspiegel bemüht sich um Ausgewogenheit: "Mit den ideologischen Rezepten der beiden politischen Lager kann Amerika sein Schuldenproblem nicht lösen. Die USA sind noch weit von Europas Vollkasko-Mentalität entfernt. Aber auch der begrenzte Sozialstaat, an den sich die Bürger gerne gewöhnt haben, lässt sich nicht aus den geltenden Steuersätzen finanzieren. Das Land wird höhere Staatseinnahmen und spürbare Einsparungen zulassen müssen. In der Praxis fällt das so schwer, weil jede der beiden Parteien fürchtet, ihre Grundüberzeugung zu verraten. Anders als in Europa gibt es in den USA keinen breiten Konsens über das sozioökonomische System. Amerika ist ideologisch gespalten. Das Land steht vor einem Jahr interner 'Clashs of Civilizations': erbitterter Kämpfe gegensätzlicher Denkkulturen."

"Welch schöner Tag für die Republikaner in den USA", schreibt die Berliner Zeitung. Schließlich haben sie verhindert, "dass 99 Prozent der amerikanischen Haushalte mehr Steuern zahlen müssen - inklusive vieler Wohlhabender, die Präsident Barack Obama gern mehr zur Kasse gebeten hätte." Früher, so die Zeitung, hätten die Republikaner das als Sieg gefeiert. "Nicht so heute. Die große Mehrheit der Republikaner fühlt sich als Verlierer. Weil sie ideologisch völlig verbohrt ist. Sie will nicht nur niedrigste Steuern; sie will die US-Bundesregierung weitgehend entmachten, indem sie ihr Steuereinnahmen verweigert."

Die Wochenzeitung Die Zeit fällt ein hartes Urteil über die USA insgesamt: "Die wirklichen amerikanischen Schwächen sind die zerrüttete politische Kultur und das funktionsschwache politische System, bis hin zur Gefahr der Regierungsunfähigkeit. Das Washingtoner Drama dieser Tage um die 'Fiskalklippe' hat die Risiken gezeigt."

Aus einer anderen Perspektive kommentiert der Kölner Stadt-Anzeiger den Haushaltsstreit: "Europa und Deutschland brauchen starke, handlungsfähige Vereinigte Staaten. Niemand kann sich wünschen, dass China zur allein führenden globalen Großmacht wird. Brisant ist in diesem Zusammenhang, dass China gigantische Summen an US-Staatsanleihen hält. Ein Flügelschlag in Schanghai oder Peking könnte die US-Wirtschaft und damit auch den Rest der Welt in schlimme Turbulenzen bringen. Die Chinesen würden dabei freilich selbst sehr viel Geld verlieren, also geraten sie nicht in Versuchung. Amerika ist nicht nur für Europa, sondern auch für China systemrelevant. Noch sind die USA 'too big to fail'."

Quelle: ntv.de

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