Pressestimmen

Sprengstoff-Paket im Kanzleramt "Zurück bleibt ein flaues Gefühl"

Seit Montag hält eine Serie von Paketbomben Athen in Atem. Jetzt ist ein Paket mit einem Sprengsatz, adressiert an Angela Merkel, im Bundeskanzleramt aufgetaucht - aufgegeben in Griechenland. Auch wenn zu keiner Zeit eine ernsthafte Gefahr bestand, bleibt Anlass zur Beunruhigung. Denn dass diese Art des Terrors auch jenseits von Al-Kaida Schule macht, kommt eher unerwartet.

(Foto: dpa)

Zwar ist Art und Menge des an das Kanzleramt geschickten Sprengstoffes nicht mit den Funden in den Frachtmaschinen auf Flughäfen in England und in Dubai zu vergleichen, aber "harmlos ist der Zwischenfall deshalb nicht", findet die Leipziger Volkszeitung. "Er reiht sich ein in eine Bedrohungslage, die bereits seit längerer Zeit existiert - und von den wenigsten Bürger als real wahrgenommen wird. Es ist ja nichts passiert, denkt sich mancher. Auch gestern ist nichts passiert, dank umsichtiger Sicherheitsexperten. Grund zur Entwarnung ist dies nicht: Der Fracht- und Postverkehr bleibt ein Feld, auf dem Attentäter leichtes Spiel haben."

"Im Kanzleramt herrscht schon in normalen Zeiten ein hoher Sicherheitsstandard. Beamte des BKA sind rund um die Uhr im Einsatz, die Poststelle liegt abseits des eigentlichen Amtes, kein Brief, kein Päckchen, kein Paket gelangt ohne genaueste Prüfung auf den Schreibtisch der Kanzlerin. Auch wenn zu keinem Zeitpunkt eine ernsthafte Gefahr bestand, es bleibt ein flaues Gefühl zurück", kommentieren die Badischen Neuesten Nachrichten aus Karlsruhe.

Die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg macht sich Sorgen über zunehmende Gewalt in der politischen Diskussion: "Ob raffinierte Bomben in Druckerpatronen versteckt oder eher ein klassisches Modell mit Schwarzpulver: Die Gewalt hat die politische Auseinandersetzung nicht nur erreicht. Sie dominiert sie geradezu. Auch mitten in Europa, in Deutschland. Das ist die Botschaft, die hinter dem jüngsten Päckchen steckt, das in Athen aufgegeben wurde und an Angela Merkel adressiert worden war. Der Bombenalarm im Bundeskanzleramt wirkt nach."

Der Kölner Stadtanzeiger sucht nach den Gründen für den Anschlagsversuch. Da zwei mögliche Urheber der Bombensendungen in der griechischen Hauptstadt aus dem linksextremistischen Untergrund kommen sollen, erhärtet sich für die Zeitung der Verdacht, "dass in Athen die schweren Unruhen vom Dezember 2008 immer noch nachwirken. Die damalige konservative Regierung stand den Ausschreitungen völlig hilflos gegenüber. Aus heutiger Sicht ein folgenschweres Versagen. Denn aus dem Reservoir der vermummten Chaoten, die damals das Athener Stadtzentrum nächtelang verwüsteten, sind offenbar jene Terrorzirkel hervorgegangen, die jetzt mit Sprengstoff hantieren."

"Die Tatsache, dass der Einsatz von Sprengstoff gegen den politischen Gegner auch jenseits von Al-Kaida Schule macht, muss beunruhigen", so die Lübecker Nachrichten. "Dass die Gefährlichkeit der Sprengsätze, die mutmaßlich griechische Autonome zusammenbastelten, nur eine geringe ist, macht es kaum besser. Denn es scheint, als ob einige Trittbrettfahrer versuchen, sich auf den Zug des Terrorismus hinaufzuschwingen. Die Sicherheitsbehörden sehen sich nun bestätigt in ihren Warnungen vor einer erhöhten Bedrohungslage wenn auch aus einer recht unerwarteten Richtung. Dass linke Untergrundkämpfer in Griechenland das Ausland und speziell Deutschland wegen der desolaten Lage im eigenen Land mit Bomben attackieren, hatten sie vermutlich nicht auf der Uhr."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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