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Umkehrhypothek als Alternative Mit einer Immobilie die Rente aufbessern?

Sie heißen Umkehrhypothek, Renten-Hypothek oder Leibrente, und ihnen ist eines gemeinsam: Sie verschaffen klammen Immobilienbesitzern im Alter ein finanzielles Zubrot. Im Gegenzug verwerten die Geldgeber das Haus später.

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Alternativen zur Umkehrhypothek sind die Leibrente oder die Zustifterrente.

(Foto: imago stock&people)

Ob Umkehrhypothek, Renten-Hypothek, Immobilienverzehrkredit, Zustifterrente oder Leibrente: Die Modelle ähneln einem Kredit, der monatlich ausbezahlt wird, sagt Achim Reif vom Verband deutscher Pfandbriefbanken in Berlin. Mit dem Unterschied: Der Eigentümer kann bis ans Lebensende oder bis zum Umzug ins Altersheim mietfrei in den eigenen vier Wänden wohnen. Erst dann übernimmt der Geldgeber das Haus und kann es verwerten.

Die klassische Umkehrhypothek funktioniert so: Der Immobilienbesitzer bekommt meist von einer Bank oder Versicherung ein Darlehen. Das wird entweder als Einmalbetrag oder in Monatsraten ausbezahlt. Dafür lässt sich der Geldgeber eine Grundschuld auf Haus oder Eigentumswohnung eintragen. Im Unterschied zum üblichen Baukredit zahlt der Kreditnehmer weder Zinsen noch Tilgung - beides wird aber aufaddiert.

Das Ergebnis beschreibt Brigitte Mayer von der Verbraucherzentrale Hessen: "Die Schuld steigt durch die Zinslast". Aus diesem Effekt leitet sich der Name Umkehrhypothek ab. Abgelöst wird der Kredit in der Regel erst beim Tod des Eigentümers. Nach den Erfahrungen von Reif und Mayer ist es dann üblich, dass der Geldgeber die Immobilie verkauft. Der Erlös soll das Darlehen tilgen und darüber hinaus möglichst einen Gewinn für den Kreditgeber abwerfen.

Darlehen meist unter Objektwert

Für den Eigentümer bedeutet die Umkehrhypothek eine regelmäßige Finanzspritze. In der Regel wird ein Auszahlungsplan vereinbart. Er enthält neben den Zahlungskonditionen auch Angaben zu Zins und Laufzeit des Darlehens. Wie viel Geld Eigentümer erwarten können, hängt von deren Alter und dem geschätzten Wert des Objekts ab. "Die Bank darf aus ihrer Sicht nur eine Immobilie nehmen, die sich hinterher gut verkaufen lässt", sagt Mayer. Toplagen in Ballungsgebieten und Unistädten kommen daher eher infrage als ländliche Anwesen. Außerdem sollte das Haus schuldenfrei sein.

Häufig liegt das gewährte Darlehen unterhalb des tatsächlichen Objektwerts, moniert die Verbraucherschützerin. Das hängt mit den Risiken zusammen, die die Kreditgeber tragen - etwa wenn sie die Lebenserwartung des Rentners kalkulieren müssen oder die Frage, wie viel Geld beim Verkauf der Immobilie in 10 oder 20 Jahren herausspringt. Das abzuschätzen, komme einem Blick in die Glaskugel gleich, sagt Reif.

Daher setzen Anbieter hohe Sicherheitsabschläge an. So kommen zum Teil nur monatliche Zusatzrenten im unteren dreistelligen Bereich zusammen. Das ist ziemlich enttäuschend für stolze Eigentümer. Deshalb rät Mayer Verbrauchern, die Immobilie über einen Makler zu verkaufen. "Da haben Sie mehr von." Und oft ein Problem weniger: Denn sonst müssen Senioren potenziellen Erben erklären, dass das erhoffte Haus nicht zum Nachlass gehört, sondern an einen Kreditgeber geht.

Die Idee der Umkehrhypothek stammt aus dem angelsächsischen Raum. In Großbritannien und in den USA ist die "Reverse Mortgage" Teil der Altersvorsorge. In den USA fängt sogar der Staat das Risiko ab, dass der Hausbesitzer lange lebt. Somit ist die Reverse Mortgage attraktiver als vergleichbare Produkte in Deutschland. "Die Sicherheitsabschläge sind hierzulande relativ hoch im Vergleich zu den USA - somit kommt hier weniger dabei raus", erklärt Stefan Lutter, Sprecher des Direktversicherers Hannoversche. Die Versicherung zählte bis vor einiger Zeit zu den wenigen Anbietern, die in Deutschland ein solches Produkt im Programm hatten.

Auch die Leibrente ist eine Option

Insgesamt ist das Produkt - auch Immobilienverzehrkredit genannt - hierzulande bei Banken und Versicherern genauso unbeliebt wie bei Verbrauchern. Hausbesitzer erschreckt die Schuldenhöhe, die aufläuft, berichtet Mayer aus ihrer Beratungsarbeit in der Verbraucherzentrale. Außerdem hingen Menschen hier viel stärker am eigenen Haus als in den USA: "Das Argument Vererben sitzt hierzulande tief drin."

Die Kreditbranche begründet den Mangel an Angebot mit dem Hinweis auf die europäische Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die im März 2016 in deutsches Recht umgesetzt wurde. Seitdem sei der zuvor schon schwache Markt tot, heißt es beim Direktversicherer Hannoversche. Das deckt sich mit Beobachtungen des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken. Aus dem Wortlaut der Richtlinie leiten Banken ab, dass eine Hypothek am Lebensende des Kreditnehmers abbezahlt sein muss. Das würde dem Gedanken der Umkehrhypothek widersprechen.

Alternativen zur Umkehrhypothek sind die Leibrente oder die sogenannte Zustifterrente. Diese Option bietet etwa die kirchliche Stiftung Liebenau aus Meckenbeuren (Baden-Württemberg) an. Bei dem Modell geht die Immobilie mit Abschluss des Vertrags in das Eigentum der Stiftung über. Im Gegenzug erhalten die früheren Besitzer ein lebenslanges Wohnrecht und eine Rente. Grundvoraussetzung dafür: Ein Mindestalter von 65 Jahren, ein Mindestwert der Immobilie von 200.000 Euro, maximale Belastung von 30 Prozent sowie 1a-Lage. Bislang hat die Stiftung 60 Objekte quer durch Deutschland erworben, die sie im eigenen Besitz hält. Vergleichbare Angebote gibt es nach Angaben der Stiftung bei den Caritasverbänden in Stuttgart und Krefeld.

Bei der Leibrente verkauft man die Immobilie an einen zukünftigen Eigentümer. Den Preis bezahlt er in monatlichen Rentenraten, bis der frühere Eigentümer stirbt. Dieser genießt meist lebenslanges Wohnrecht. Der neue Besitzer steht dann bereits im Grundbuch. Auch dieses Modell wird laut Reif hierzulande selten abgeschlossen.

Quelle: ntv.de, Monika Hillemacher, dpa

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