Medikamente sind teuerWann Zuzahlungsbefreiungen erlaubt sind

Auch wenn die Krankenkassen bei verschreibungspflichtigen Arzneien zur Kostenübernahme verpflichtet sind, müssen viele Bürger immer noch draufzahlen. Das Geld kann man sich aber unter bestimmten Umständen wieder zurückholen.
Viele Kassenpatienten ärgern sich über die geforderte Zuzahlung des vom Arzt verschriebenen Medikamentes, ohne zu wissen, dass sie sich davon auch befreien lassen können. Hierfür gibt es bestimmte Belastungsgrenzen. Überschreitet man diese, bekommt man das zu viel gezahlte Geld wieder zurück.
Die Bedingungen für eine Befreiung
Entscheidend dafür, ob sich jemand von einer Zuzahlung bei Arznein, Heiltherapien, Kuren und anderen Gesundheitsleistungen der gesetzlichen Krankenkassen befreien lassen kann, ist die individuelle Belastungsgrenze. Diese liegt laut der Verbraucherzentrale bei zwei Prozent der Bruttoeinkünfte pro Haushalt im Jahr. Bei chronisch Kranken sind es ein Prozent. Als chronisch krank gilt, wer sich seit mindestens einem Jahr einmal pro Quartal in ärztliche Behandlung begibt. Darüber hinaus muss eine der folgenden Gegebenheiten vorliegen:
Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 3, 4 oder 5
Grad der Behinderung und/oder Erwerbsunfähigkeit von mindestens 60 Prozent
dauerhafte medizinische Versorgung notwendig (unter anderem Medikamenteneinnahme, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln), ohne die sich der Gesundheitszustand unzumutbar verschlimmert
Bei der Berechnung der individuellen Belastungsgrenze müssen nicht nur Gehälter berücksichtigt werden, sondern auch andere Einnahmequellen wie Elterngeld, Arbeitslosengeld I und II oder Weihnachtsgeld.
Für Familien gelten Freibeträge
Für Familien gilt eine Belastungsgrenze, die nach dem Bruttojahreseinkommen der gesamten Familie berechnet wird. Hier gelten bestimmte Freibeträge pro Ehepartner und Kind. So sind im Jahr 2020 folgende Freibeträge gültig:
5.733 Euro für den ersten Angehörigen
3.738 Euro für jeden weiteren Angehörigen
7.812 Euro für jedes Kind
Nach Abzug der Freibeträge vom Familieneinkommen erhält man so die zu berücksichtigenden Bruttoeinnahmen. Die Belastungsgrenze ergibt sich dann nach Abzug von den 2 Prozent. Wichtig: Ist mindestens ein Familienmitglied chronisch krank, muss nur 1 Prozent vom Bruttojahreseinkommen insgesamt abgezogen werden. Singles und unverheiratete Paare ohne Kinder können keine Freibeträge geltend machen. Hat ein nicht verheiratetes Paar ein Kind oder mehrere Kinder wird der geltende Freibetrag von 7812 Euro abgezogen.
Für Sozialhilfeempfänger gilt eine Sonderregelung
Harz-4-Empfänger, Bezieher von Arbeitslosengeld I und jene, die Sozialhilfe zum Lebensunterhalt bekommen, können die oben genannten Freibeträge nicht geltend machen. Hier ist die Grundlage für die Berechnung der höchste Regelsatz eines Familienmitgliedes. Im Jahr 2020 beträgt der Regelsatz 432 Euro monatlich, sodass nach der 2-Prozent-Regelung 103,68 Euro Zuzahlung geleistet werden müssen. Chronisch Kranke zahlen weniger, nämlich 51,84 Euro.
So funktioniert die Zuzahlungsbefreiung
Zunächst ist es wichtig, alle Rechnungen und Belege über getätigte Zuzahlungen zu sammeln. Hat man die Belastungsgrenze erreicht, kann man diese bei seiner Krankenkasse einreichen. Wichtig dabei ist, auch alle Einkommensweise vorzulegen. Alle Zahlungen, die im letzten Jahr dann zu viel getätigt wurden, bekommt man anschließend von seiner Krankenkasse erstattet. Diese händigt dann eine Bescheinigung aus, die man anschließend überall dort vorlegen kann, wo man eine Zusatzzahlung leisten muss.
Eine weitere Möglichkeit ist auch, den Betrag in Höhe der persönlichen Zuzahlungsgrenze bereits im Voraus an die Krankenkasse zu zahlen. So wird man direkt von allen weiteren Zuzahlungen befreit und erspart sich das Einreichen der geforderten Nachweise. Wie hoch die Belastungsgrenze im Einzelfall ist, kann sehr einfach mithilfe eines Zuzahlungsrechners im Internet ermittelt werden.
Achtung: Kosten für Privatrezepte, Anteile für orthopädische Schuheinlagen, Brillen, Kontaktlinsen, Zahnersatz sowie IGEL-Leistungen werden nicht zurück erstattet.