Ratgeber

Lauterbach versus Kachelmann Was denn nun: Bei Hitze Fenster auf oder Fenster zu?

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Alle Fenster zu?

Alle Fenster zu?

(Foto: imago/CHROMORANGE)

Es ist Sommer - und bisweilen ziemlich heiß. Da ist richtiges Verhalten gefragt, um keinen Schaden zu nehmen. Über die Frage, ob an Tagen, wo die Sonne besonders brennt, die Bude verrammelt werden sollte oder doch das Fenster geöffnet werden darf, streiten sich der Gesundheitsminister und ein Wetterexperte. Wir ordnen die Sache ein.

Seit Beginn entsprechender Temperaturerfassungen war der vergangene Sommer der heißeste in Europa. Mehr als 60.000 hitzebezogene Todesfälle werden mit ihm in Verbindung gebracht. Und in Zukunft soll es noch heißer werden. Stichwort Klimawandel.

Fest steht: Es dürfte auch in Zukunft hin und wieder Hitzewellen geben. Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist in jedem Fall die Zeit zum Handeln gekommen. Er will die Bürger durch einen Hitzeschutzplan vor Schlimmerem bewahren. Nun steht der Gesundheitsminister nicht eben im Verdacht, seine Ängste und Sorgen um seine Mitmenschen besonders zurückhaltend zu formulieren. Vor allem dann nicht, wenn ihm dies auch noch ein wenig Aufmerksamkeit beschert. Meinen zumindest Spötter.

Ungeachtet dessen bringen zwei Tipps zum Thema Hitzeprävention den Meteorologen und Moderator Jörg Kachelmann auf die Palme. Zurückhaltend formuliert. Er hält Lauterbachs Einlassungen für gefährlich, spricht von "aktiver Sterbehilfe", wie die "Bild"-Zeitung berichtet. Aber der Reihe nach:

Was hat der Gesundheitsminister empfohlen?

Tipp 1 Lauterbach: Wohnung kühl halten. Verschlossene und verschattete Fenster verhindern, dass sich Räume ungehindert erhitzen. Erst wenn es draußen kühler ist als in der Wohnung, ist Lüften zu empfehlen.

Reaktion Kachelmann: "Dieser Tipp ist annehmbar für Wohnungen, in denen tagsüber niemand ist. Für Menschen in den Wohnungen, gerade für alte Menschen, die oft in kleineren Kubaturen leben, sind diese Hinweise Grundlage für unermessliches, tägliches Leid und den Tod." Denn: "Das schärfste Schwert beim Hitzetod ist nicht die Temperatur, sondern sind Luftfeuchtigkeit, Sauerstoffarmut und die absolute Windstille in den behördlich vorgeschriebenen Sargvorhöfen der Hölle."

Einordnung der Redaktion: Halber Punkt für Kachelmann. Auch wenn sich von selbst versteht, dass an sehr heißen Tagen vor allem nachts und in den kühleren Morgenstunden bei weit geöffnetem Fenster gelüftet werden und tagsüber die Fenster und Türen weitestgehend verschlossen bleiben sollten, ist es sicherlich nicht verkehrt, hin und wieder besonders in kleinen Räumen etwas Luft hineinzulassen. Letzteres mit dem Ziel, dass die Luftfeuchtigkeit so gering wie möglich bleibt. Denn nur durchs Lüften werden Schweiß und Luftfeuchtigkeit abtransportiert, Sauerstoff zugeführt und die Raumatmosphäre bleibt insgesamt lebensfreundlich. Was durchaus erstrebenswert ist. Insofern ist gegen einen gelegentlichen Luftaustausch - auch tagsüber - nichts einzuwenden. Danach kann die Bude dann gerne wieder verrammelt werden.

Tipp 2 Lauterbach: "Anstrengende Tätigkeiten sind bei Hitze besonders belastend und in der heißesten Tageszeit zwischen ca. 11 und 17 Uhr zu vermeiden. Für körperliche Aktivitäten und Erledigungen eignen sich die kühleren Morgen- und Abendstunden."

Reaktion Kachelmann: Dieser Tipp - genau wie der andere - käme "von Menschen, die keine Ahnung haben, dass Temperatur und Ozon abends am schlimmsten sind".

Einordnung der Redaktion: Halber Punkt für Kachelmann. Zwar treten laut Umweltbundesamt im Verlauf eines Tages die höchsten Ozonwerte in den Nachmittagsstunden zwischen 14 und 17 Uhr auf. Dennoch hätte Lauterbach nicht die Grenze bei 17 Uhr ziehen sollen. Denn wer um 17.01 Uhr Getränkekisten schleppt oder vehement zu Spaten und Hacke greift, um Gartenarbeiten zu verrichten, setzt sich einer nach wie vor sehr hohen Ozonbelastung aus. Zudem ist es meist erst zwischen 17 und 18 Uhr am heißesten, da sich bis dahin Häuser und Boden ordentlich aufgeheizt haben und die Wärme wieder in die Atmosphäre abgeben.

Hitzebedingte Beschwerden erkennen

Abgesehen davon weist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA) darauf hin, dass nicht jeder Mensch gleich auf Hitze reagiert. Entscheidend ist die individuelle Anpassungsfähigkeit des Körpers. Auch die Fähigkeiten und Möglichkeiten einer Person, sich während einer Hitzewelle aktiv vor Belastungen zu schützen, spielen eine Rolle. Menschen aus den folgenden Gruppen sollten bei besonders hohen Temperaturen in besonderem Maße auf sich achtgeben beziehungsweise vor allzu großer Wärme geschützt werden:

  • Menschen ab 65 Jahre
  • ältere alleinlebende Menschen, die Probleme mit ihrer Mobilität haben
  • pflegebedürftige Menschen
  • Säuglinge und Kleinkinder
  • Menschen mit Vorerkrankungen
  • Menschen mit akuten Erkrankungen
  • Menschen, die im Freien und die körperlich schwer arbeiten
  • Menschen in besonderen Lebenslagen (zum Beispiel Obdachlose, Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen)
Mehr zum Thema

Plötzlich auftretende Symptome wie Schwindel, Schwäche, starker Durst oder Kopfschmerzen sollten in jedem Fall ernst genommen werden - auch bei allen anderen Menschen. Halten die Beschwerden an, sollte ein Arzt beziehungsweise der Notruf unter 112 kontaktiert werden. Weitere Alarmsignale sind laut BZGA Übelkeit, Krämpfe, erhöhte Körpertemperatur, sehr rote oder sehr blasse Haut sowie Erbrechen, Bewusstseinstrübung, Teilnahms- und Bewusstlosigkeit oder Kreislaufkollaps.

Wie man sich am besten gegen die Hitze schützt, lesen Sie hier.

Quelle: ntv.de, awi

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen