Pferde im Straßenverkehr Wenn Radler aus dem Sattel getreten werden
20.06.2020, 19:08 Uhr
Nicht immer ist bei einem Unfall ein Auto schuld.
(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
Von Tieren geht per se so etwas wie eine Betriebsgefahr aus - andere Verkehrsteilnehmer müssen bei Begegnungen mit ihnen stets mit "unvorhergesehenen Verhaltensweisen" rechnen. Zum Beispiel auch unvorsichtige Radfahrer, die Pferden zu nahe kommen.
Fahrradfahrer müssen beim Überholen von Pferden einen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 Metern auch dann einhalten, wenn sich die Pferde verbotswidrig auf dem Radweg befinden. Dies hat das Landgericht (LG) Frankenthal in Rheinland-Pfalz entschieden (Az.: (Az. 4 O 10/19).
In dem verhandelten Fall wollte der Fahrer eines Liegefahrrads auf einem Radweg zwei Reiterinnen überholen, die sich mit ihren Pferden verbotenerweise auf dem Radweg befanden. Dabei hielt er den erforderlichen Mindestabstand nicht ein. Dieser hätte im konkreten Fall mindestens 1,5 bis 2 Meter betragen, während der Radfahrer lediglich einen Abstand von circa 40 Zentimetern hatte. Beim Überholen schlug eines der Pferde mit den Hufen aus und brachte den Radler zum Stürzen. Er erlitt Prellungen, Schürfwunden und eine Verletzung an der Hand.
Mitschuld trotz Tierhalterhaftung
Das LG entschied, dass den Radfahrer eine hälftige Mitschuld an seinen Verletzungen trifft, und sprach ihm daher nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 3000 Euro zu.
Nach Auffassung des Gerichts besteht für die Halter eines Pferdes zwar eine sogenannte Tierhalterhaftung. Hiernach habe ein Halter grundsätzlich für sämtliche Schäden einzustehen, die das Tier verursacht. Die Tierhalterin konnte sich im konkreten Fall von der Haftung auch nicht entlasten, da ihr bewusst gewesen sei, dass das Pferd auf dem nur für Radfahrer zugelassenen Radweg geritten werde. Gleichzeitig habe sich aber auch der Radfahrer falsch verhalten: Für Radfahrer gelten die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zum Überholen auch dann, wenn sich wie hier verbotswidrig Pferde auf dem Radweg befinden.
Da bei einem Pferd immer mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise gerechnet werden müsse, sei ein Sicherheitsabstand von 1 Meter hier nicht ausreichend. Es hätte ein Abstand von wenigstens 1,5 bis 2 Metern eingehalten werden müssen. Zudem habe sich der Radfahrer nicht mit den Reiterinnen über das Überholen verständigt, obwohl ihm dies unproblematisch möglich gewesen wäre. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: ntv.de, awi