Ratgeber

Tenhagens Tipps Wer zahlt bei langer Krankheit?

Wer länger als sechs Wochen außer Gefecht gesetzt ist, bekommt kein Gehalt mehr, sondern Krankengeld.

Wer länger als sechs Wochen außer Gefecht gesetzt ist, bekommt kein Gehalt mehr, sondern Krankengeld.

(Foto: imago stock&people)

Eine Krankschreibung für ein paar Wochen ist für Arbeitnehmer finanziell kein Problem. Doch das Gehalt fließt nicht ewig weiter. Und viele Selbständige können sich einen längeren Verdienstausfall ohnehin nicht leisten. Finanztip-Chef Tenhagen erklärt, wie man sich absichert. 

n-tv.de: Ich bin angestellt und werde krank – wer zahlt jetzt für wie lange?

Hermann-Josef Tenhagen: Normalerweise zahlt jetzt erstmal der Arbeitgeber das Gehalt weiter und zwar für 42 Tage. Ab dem 43. Tag übernimmt die Krankenkasse, wenn man ganz normal gesetzlich versichert ist. Sie zahlt aber nicht einfach das Gehalt weiter, sondern ein sogenanntes Krankengeld. Das gibt es dann maximal 78 Wochen lang. Das Krankengeld übrigens ist nicht zu verwechseln mit dem Krankentagegeld.

Und wie hoch ist das Krankengeld?

Hermann-Josef Tenhagen ist Chefredakteur der unabhängigen Verbraucher-Webseite Finanztip.

Hermann-Josef Tenhagen ist Chefredakteur der unabhängigen Verbraucher-Webseite Finanztip.

Entweder 70 Prozent des letzten Bruttoverdienstes oder aber 90 Prozent des Nettogehalts. Die niedrigere Summe von den beiden. Davon werden dann noch die Sozialversicherungsbeiträge abgezogen, allerdings ohne Krankenkasse. Für Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung kommen insgesamt gut zwölf Prozent zusammen. Einem kinderlosen Single bleiben zum Beispiel von 2500 Euro brutto am Ende rund 1300 Euro Krankengeld.

Außerdem wird das Krankengeld nur im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenze bezahlt, die liegt im Moment bei 4237 Euro. Das macht um die 2600 Euro Krankengeld, egal ob das Einkommen nur knapp die Bemessungsgrenze schrammt oder weit höher ist. Da fehlt also schon eine ganze Menge Geld. Einige Krankenkassen haben auf ihren Seiten Rechner, mit denen man den eigenen Anspruch ermitteln kann. In unserem Finanztip Ratgeber empfehlen wir zum Beispiel den Rechner von der Techniker Krankenkasse.

Ab wann hat man denn überhaupt Anspruch auf Krankengeld?

Entscheidend ist der Tag, an dem einen der Arzt das erste Mal für arbeitsunfähig erklärt hat. Wichtig ist, dass man ab dann durchgehend krankgeschrieben ist. Schon wenn man einen Tag schläft und sich die neue Krankschreibung zu spät abholt, wird es schwierig.

Müsste dann nicht wieder der Arbeitgeber zahlen?

Wenn man dann so ohne Weiteres wieder beim Arbeitgeber antreten könnte, vielleicht. Aber das ist ja keineswegs gesichert. Deshalb ist es so wichtig, sich kontinuierlich krankschreiben zu lassen.

Was passiert, wenn die 78 Wochen vorbei sind?

Dann wird's eng. Wegen derselben Erkrankung kann man innerhalb von drei Jahren höchstens 78 Wochen Krankengeld beziehen. Dafür muss man nicht am Stück krankgeschrieben sein, die Fehlzeiten werden addiert. Wer wegen einer bestimmten Krankheit noch länger fehlt, muss sich Gedanken machen, ob das Ganze auf eine dauerhafte Berufsunfähigkeit hinausläuft, womöglich sogar eine Erwerbsunfähigkeit. Dann ist es natürlich gut, wenn man rechtzeitig eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat.

Haben alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch?

Ehepartner und Kinder, die über die Familienversicherung mitversichert sind, bekommen kein Krankengeld – aber die haben ja dann normalerweise auch kein eigenes Einkommen. Selbständige, die sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versichern, können wählen, ob sie das Krankengeld mit abschließen. Wer sich dafür entscheidet, also nicht den ermäßigten Tarif wählt, bekommt dann wie normale Angestellte ab dem 43. Tag Krankengeld ausgezahlt. Normalerweise ist das auch zu empfehlen, die Basisversicherung ist nicht besonders teuer.

Viele Selbständige sind ja gar nicht gesetzlich versichert. Was ist mit denen?

Selbständige und andere Privatversicherte können privat das sogenannte Krankentagegeld abschließen. Dann wird für jeden Krankheitstag ein bestimmter Tagessatz ausgezahlt. Entweder ab dem 43. Tag oder aber auch schon früher oder später. Bei Privatversicherten ist das Tagegeld oft schon im Tarif enthalten, alle anderen können es bei Bedarf als Einzelpolice buchen. Wichtig ist, dass das Krankentagegeld zusammen mit dem Krankengeld nicht höher ausfällt als das Nettoeinkommen. Man kann sich also nicht wirtschaftlich gesund versichern.

Das Krankentagegeld ist übrigens auch eine Lösung für alle, die zwar gesetzlich versichert sind, aber damit rechnen, dass das Krankengeld im Ernstfall nicht ausreicht. Wenn das Budget knapp genäht ist und zum Beispiel noch Raten fürs Haus abbezahlt werden müssen, dann sollte man zusehen, dass man das Krankengeld noch aufstockt. Und Selbständige, die freiwillig gesetzlich versichert sind, können damit auch die 42 Tage überbrücken, bis das reguläre Krankengeld gezahlt wird. Wenn das private Krankentagegeld schon nach 14 Tagen fließt, ist der Tarif natürlich deutlich teurer, das muss man für sich abwägen.

Es gibt auch Arbeitsverträge, in denen eine längere Lohnfortzahlung vereinbart ist. Dann kann man das Krankentagegeld darauf abstellen und die Police wird deutlich preiswerter. Beamte können in der privaten Krankenversicherung ganz auf das Krankentagegeld verzichten, weil die Bezüge unbefristet weiterlaufen.

Nochmal zurück zum gesetzlichen Krankengeld. Muss man das versteuern?

Nein, das nicht. Aber: Das Krankengeld wird auf das zu versteuernde Einkommen angerechnet. Das ist der sogenannte Progressionsvorbehalt, der dafür sorgt, dass man einen höheren Steuersatz hat. Angenommen, man hat 20.000 Euro normal verdient und bekommt dann nochmal 20.000 Euro Krankengeld. Dann muss man zwar nur 20.000 Euro versteuern, aber zum Steuersatz, der bei 40.000 Euro gilt. So wird vermieden, dass man mit Krankentagegeld am Ende besser da steht als mit dem normalen Gehalt.

Mit Hermann-Josef Tenhagen sprach Isabell Noé

Quelle: ntv.de

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